Meldezettel Jenny Adler-Herzmark und Max Adler, Schüttelstraße 15a (heute Schüttelstraße 13; 1909)

(Quelle: WStLA, Historische Meldeunterlagen, K11: Adler Max, 15.1.1873; CC BY-NC-ND 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/deed.de)

Jenny Adler-Herzmark und Max Adler im Wien Geschichte Wiki:
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Jenny_Adler
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Max_Adler_(Soziologe)

Der Starbiologe. Paul Kammerer, Schüttelstraße 29 (1907–1912)

Prolog

Als nachfolgende Zeilen, verfasst zu Jahresbeginn 1926 im oberösterreichischen Schloss Würting, schließlich in Druck gingen, weilte ihr Autor nicht mehr unter den Lebenden: Der international angesehene Biologe Paul Kammerer hatte sich, nachdem man ihn kurz zuvor einer Fälschung bezichtigte und damit ein enormer Wissenschaftskandal ausgelöst wurde, am 23. September 1926 erschossen.

»Gemeinsam waren wir zum Achten Internationalen Zoologenkongreß (1910) nach Graz gefahren. Beim Erwachen im Hotel sagte ich zu Przibram: ›Heute ist mein 30. Geburtstag!‹ – Worauf er: ›So werden Sie von jetzt an keine neuen Gedanken mehr haben! Alle selbstständigen Ideen werden vor dem 30. Jahre konzipiert; der Rest des Lebens dient dem Ausbau.‹«1

Paul Kammerer (1880–1926). Foto: Wikimedia Commons (George Grantham Bain Collection – Library of Congress).

Nicht einmal die Fahnenkorrektur jenes Buches, in dem diese persönlichen Erinnerungsschnipsel zu Hans Leo Przibram, dem Leiter der Biologischen Versuchsanstalt im Prater, einen prominenten Platz fanden, habe Kammerer vornehmen können, klagte Wilhelm (von) Gutmann (1889–1966), einer der engsten Freunde des lebensmüden Biologen und Hausherr des als Künstler- und Intellektuellenrefugium hoch geschätzten Schlosses Würting.2 Gutmann, dessen Bruder Hans – es wurde hier schon erwähnt – damals eine Villa in der Rustenschacherallee bewohnte, war auch Adressat eines Abschiedsbriefes … WEITERLESEN.

Zwischen Schüttelstraße, Haarmarkt und Stephansplatz, Teil III: ab 1840

Lazanskyhaus, Stock im Eisen-Platz, 1895
Prominent vor dem Dom platziert: Das Lazansky-Haus im Jahr 1895 (Foto: Wikimedia Commons)

»Schad‘, dass man das Lazansky-Haus demoliert hat. Das hat sich halt noch gruppiert«, seufzte ein frustrierter Rudolf von Alt im Gespräch mit Ludwig Hevesi.1 Wie oft hatte er dieses markante Bauwerk neben dem Stephansdom gemalt, gezeichnet, skizziert? Alt wusste es selbst nicht. Mit dem 1896 erfolgten Abriss des Barockhauses begrub man jedenfalls auch die Erinnerung an die Macks und ihre Zuckerraffinerie am Schüttel unter riesigen Schutthügeln: Es war Leopold von Lažanský (1854–1891), Ignaz von Macks Enkel, Rosina (Rosa) von Macks Sohn, der als letzter der Familie jene Immobilie besaß, die sein Großonkel Vinzenz Mack in den wirtschaftlich fiebrigen 1830er Jahren erworben hatte. Der unvermählte Graf, ein vorwiegend auf dem böhmischen Schloss Chiesch (Zámek Chyše) residierender Exzentriker mit turbulentem Privatleben und zwei unehelichen Töchtern2, hatte für das Wiener Gebäude große Pläne gehegt: Ein tschechisches Nationalhaus (Narodni dum) hätte es nach seinem Ableben werden sollen, prominent gelegen, am zentralsten Ort der kaiserlichen Residenzstadt. Doch nach dem frühen Tod des einstigen Schauspielers und Politikers (Abgeordneter der Jungtschechischen Partei) – Lažanský verstarb im August 1891 erst 37jährig in Marienbad – zerfiel dieses ambitionierte, in … WEITERLESEN.

Zwischen Schüttelstraße, Haarmarkt und Stephansplatz, Teil II: 1836

Friedrich von Amerling: Rudolf von Arthaber und seine Kinder
Friedrich von Amerling: Rudolf von Arthaber und seine Kinder Rudolf, Emilie und Gustav (1837). Sammlung: Österreichische Galerie Belvedere.

Wir vermelden den kraftvollen Auftritt des Textilunternehmers Rudolf Arthaber (1795–1867). Sein berufliches Hauptquartier befindet sich übrigens in der Goldschmidgasse [sic!] 595, an der Ecke zum Stephansplatz, die Angestellten haben das von William Turner skizzierte, von Rudolf von Alt gemalte Barockhaus Nr. 875 immer im Blick.1 Arthaber interessiert sich für Kunst – sehr sogar –, kann sich aber auch für Immobiliendeals erwärmen. Und so erstand er 1835 exakt jenes Gebäude, in dem wir als Mieter eben noch Ignaz Mack und seine Familie angetroffen hatten: Das Objekt Haarmarkt 642.2 Gleich ihm ergreifen auch andere flott die Chance, sich Haus- und Grundbesitz in diesem begehrten Viertel einzuverleiben. Der Historiker Theodor von Karajan etwa (der Urgroßvater des Dirigenten), ein Wiener mit griechischen Wurzeln, erwarb um 1834 das Gebäude 728 Ecke alter Fleischmarkt/Rothenthurm Straße (Fleischmarkt 1/Rotenturmstraße 20) und bezog dort eine Wohnung.3

Stock-im-Eisenplatz-Stephansplatz 875–ca.1837
Der Stephansplatz und seine Umgebung inklusive Konskriptionsnummern, ca. 1837. 

Zwischen Schüttelstraße, Haarmarkt und Stephansplatz, Teil I: 1833

Turner: Stephansdom und Lazanskyhaus, 1833
1833: Der Stock-im-Eisen-Platz, wie ihn Joseph Mallord William Turner sah. Sammlung: Tate (Digitalisat).

William Turner (1775–1851) richtet seinen Blick auf das eindrucksvolle Barockhaus neben dem gotischen Dom. Schnell bannt er die steinernen Silhouetten auf Papier, verewigt die beiden Wiener Gebäude in seinem Skizzenbuch, sie werden ihn auf der Weiterreise nach Venedig begleiten. Wir schreiben das Jahr 1833 und der rastlose englische Maler ist – wieder einmal – unterwegs auf dem Kontinent.

Rudolf von Alt: Stephansplatz (Detail), 1832
Barocke Bleibe neben dem Dom: Lazar Goldsteins Wohnhaus, 1832 von Rudolf von Alt auf Leinwand gebannt.

Weiß Lazar (Gotthold) Goldstein davon? Vermutlich nicht. Er logiert in dem von Turner beäugten Wohnhaus am Stock-im-Eisen-Platz, gleich neben dem Stephansdom, Konskriptionsnummer 875.1 Der in Wiens Gesellschaft bestens bekannte Großhändler ist Witwer, 1830 hatte er das Ableben seiner Gattin Henriette beklagen müssen. Nun, im Jahr 1833, als Malerfürst Turner den Stephansplatz umrundet, ist Goldstein mit der Hochzeit seiner Tochter Emma beschäftigt, Joseph Lanner wird sich dazu walzermäßig einbringen, Emmas Tochter Henriette wird sich später in Paris im Umfeld des Kunstmäzens Charles Ephrussi bewegen – in diesem Blog wurde davon ja schon berichtet. Es ist also eine bemerkenswerte Karriere, auf die Herr Goldstein, der Pater familias, zurückblickt, und sie war … WEITERLESEN.

Bauarbeiterinnen auf der Weißgerberlände, ca. 1905/06

blau-weissgerberlaende-klein

Oben zu sehen: Tina Blaus an eine Sozialreportage gemahnendes Bild An der Weißgerberlände (high-res). Rechts im Hintergrund erblickt man die Schüttelstraße mit der Mühle und dem Neuen Wiener Tattersall (Reitstall und Pferdehandel); in letzterem logierten ab ca. 1909 auch der Philosoph Rudolf Eisler und seine Familie. Die Eislers wohnten zur Entstehungszeit des Gemäldes übrigens nur wenige Minuten von der Baustelle entfernt (Kolonitzgasse 11, siehe Lehmanns Adressbuch). Tina Blau jedenfalls war wohl besonders motiviert, die hart arbeitenden Frauen (Mörtelweiber wurden sie genannt, oder auch Ziegelschupferinnen) auf Leinwand zu bannen: Bis 1905 hatte sie in dem der Baustelle benachbarten Wohnhaus Rasumofskygasse 2 (Lehmanns Adressbuch) gelebt (ab 1907 wird sie mehrere Jahre im Pratercottage, in der Halmgasse nämlich, residieren).
Zur Bautätigkeit im Weißgerberviertel nachfolgend auch ein Text aus dem Neuen Wiener Tagblatt, 24. Dezember 1907, Seite 4 (online auf ANNO):

Das neue Viertel am Weißgerberquai

Wir haben vor einiger Zeit darüber berichtet, dass in der Gegend zwischen der Franzensbrücke und der Sophienbrücke ein neues Quaiviertel im Entstehen begriffen ist. Die unmittelbaren Anwohner dieser Gegend haben sich jetzt an das magistratische Bezirksamt des dritten Bezirkes und an das Straßenbauamt der Gemeinde Wien mit … WEITERLESEN.

1898/99: Rudi, die Praterfee und Heinrich von Liechtenstein (ca. Schüttelstraße 7–9)

»Er wurde auf Magnatenschlösser eingeladen, reiste mit einem Fürsten nach Afrika zur Löwenjagd und machte sich in witzig-feschen Aquarellen über Fürsten, Löwen, Pferde, Jockeys, diese ganze Welt, die er so liebte, und wohl auch ein wenig über sich selbst, lustig.«
(Arthur Schnitzler über Rudi Pick, in: Jugend in Wien, 1915)

»Er war mit einem Fürsten Liechtenstein befreundet.«
(Heinrich Benedikt über Rudi Pick, in: Damals im alten Österreich, 1979)

Am Abend des 1. April 1898 veranstaltete Moritz Bauer, Direktor des Wiener Bankvereins, Vater der damals 17-jährigen und später von Klimt in Gold verewigten Adele, eine gesellige Soirée. Zu jenen, die der Bankier in seiner Wohnung am Franzensring 18 (heute Universitätsring 8) begrüßen durfte, zählte auch ein lieber Freund des Gastgebers, ein witzig-amüsanter Gesellschaftslöwe, ein Mann, den ganz Wien kannte, ein Mann, dem dieser Abend zum Verhängnis wurde: Der Komponist Oscar Hofmann, 44 Jahre und unverheiratet, hatte während des Soupers plötzlich über Übelkeit geklagt, bald danach war er in Ohnmacht gefallen. Der von den schockierten Anwesenden rasch herbeigerufene Rettungsarzt ließ Hofmann schließlich in dessen Wohnung bringen – der Komponist (und Kaufmann) lebte bei seiner Mutter in der Jasomirgottstraße 5 [1] -, wo er um 1.00 Uhr morgens an … WEITERLESEN.

Stammtafel mit Ignatia von Mack und Rudolf von Marogna-Redwitz

Nachfolgend: Ein Auszug der Stammtafel von Ignatia von Mack (Zuckerraffinerie am Schüttel), die uns zuletzt in einem Text über ihre Schwester Rosa begegnete. Hier findet sich nämlich, für viele vermutlich überraschend, auch Rudolf von Marogna-Redwitz wieder, der nach dem »Anschluss« 1938 als Leiter der deutschen Abwehr eine Villa in der Böcklinstraße bewohnte, im österreichischen Widerstand tätig war und 1944, nach der gescheiterten Operation Walküre, als Verbündeter von Stauffenberg in Berlin hingerichtet wurde. Ergänzend erwähnt wird überdies eine biografische Verknüpfung mit den Gebrüdern Klein (Franzensbrückenstraße bzw. Brünn/Brno). Als Quellen dienten u. a. The Peerage und Geneall.

Infografik Mack-Arco-Marogna