Das Ableben von Stanzy Urban. Ludwig Urban, Laufbergergasse 12 (1910)

Am Rennplatz in der Freudenau im Jahr 1927 (v.l.n.r.): (Baronin) Valentine Springer (geb. Rothschild), Gertrud Urban (geb. Eissler), Ludwig Urban jun., (Baron) Sigismund Springer. In: Wiener Salonblatt, 12. Juni 1927, S. 7 (online auf ANNO).

Die Büros waren schon längst bezogen – erste Meldungen dazu gab es im November 1909 –, als der Kaiser im März 1911 endlich zur feierlichen Eröffnung erschien. Anwesend im neuen Haus der Industrie am Wiener Schwarzenbergplatz war natürlich auch Karl König, der Architekt des riesigen Gebäudes, ein bedeutender Protagonist der Ringstraßenepoche. Er klagte Franz Joseph I. sein Leid: Bei den Jungen gelte er als rückständig. Der Monarch, diesbezüglich fraglos ein Seelenverwandter des bedrückten Baukünstlers, fand tröstende Worte: »Im Gegenteil! Es tut einem ordentlich wohl, wenn man so ein Gebäude sieht.« (Neue Freie Presse, 27. März 1911, S. 5) Und tatsächlich, wenngleich Franz Joseph dies wohl eher nicht gemeint hatte, verfügte das Gebäude von Beginn an über einige interessante Details, wie Staubsaugeranschlüsse im Foyer, oder etwa, im großen Festsaal, Knäufe, die, in der Wand neben dem großen Kaiserporträt eingelassen, als Halterung von Projektionsleinwänden dienten.

Ein moderner, multifunktionaler Saal im Haus der Industrie ist – und nun befinden wir uns in … WEITERLESEN.

Der Starbiologe. Paul Kammerer, Schüttelstraße 29 (1907–1912)

Prolog

Als nachfolgende Zeilen, verfasst zu Jahresbeginn 1926 im oberösterreichischen Schloss Würting, schließlich in Druck gingen, weilte ihr Autor nicht mehr unter den Lebenden: Der international angesehene Biologe Paul Kammerer hatte sich, nachdem man ihn kurz zuvor einer Fälschung bezichtigte und damit ein enormer Wissenschaftskandal ausgelöst wurde, am 23. September 1926 erschossen.

»Gemeinsam waren wir zum Achten Internationalen Zoologenkongreß (1910) nach Graz gefahren. Beim Erwachen im Hotel sagte ich zu Przibram: ›Heute ist mein 30. Geburtstag!‹ – Worauf er: ›So werden Sie von jetzt an keine neuen Gedanken mehr haben! Alle selbstständigen Ideen werden vor dem 30. Jahre konzipiert; der Rest des Lebens dient dem Ausbau.‹«1

Paul Kammerer (1880–1926). Foto: Wikimedia Commons (George Grantham Bain Collection – Library of Congress).

Nicht einmal die Fahnenkorrektur jenes Buches, in dem diese persönlichen Erinnerungsschnipsel zu Hans Leo Przibram, dem Leiter der Biologischen Versuchsanstalt im Prater, einen prominenten Platz fanden, habe Kammerer vornehmen können, klagte Wilhelm (von) Gutmann (1889–1966), einer der engsten Freunde des lebensmüden Biologen und Hausherr des als Künstler- und Intellektuellenrefugium hoch geschätzten Schlosses Würting.2 Gutmann, dessen Bruder Hans – es wurde hier schon erwähnt – damals eine Villa in der Rustenschacherallee bewohnte, war auch Adressat eines Abschiedsbriefes … WEITERLESEN.