Schnitzlers Therese rudert vom Konstantinhügel in die Praterauen

Konstantinhügel

»Auf dem Konstantinhügel trank man Kaffee und aß Kuchen. Die beiden Herren äußerten sich spöttisch über die etwas ›mindere‹ Gesellschaft an den anderen Tischen. Therese fand die Leute gar nicht so übel, und es schien ihr, als vergäßen die beiden Kavaliere allzu sehr, dass sie da mit zwei armen Geschöpfen zusammensaßen, die man wohl auch eher zur minderen Gesellschaft rechnen musste.

Am Ufer des kleinen Teiches unterhalb des Konstantinhügels mietete man ein ›Schinakel‹. Therese fühlte wohl, dass es den beiden jungen Herren wie ein Spaß, ja wie eine Art von Herablassung vorkam, als sie sich unter das Volk mischten und ihren Kahn zwischen anderen, in denen ›mindere Leute‹ saßen, vorwärts und allmählich in den schmalen Flußarm ruderten, der sich zwischen grünen Ufern gegen die Donauauen hin schlängelte. Sylvie rauchte eine Zigarette, auch Therese versuchte es nach langer Zeit wieder, seit den Salzburger Abenden in der Offiziers- und Schauspielergesellschaft hatte sie es nicht getan; es schmeckte ihr so wenig wie damals, und ihr Begleiter, der es merkte, nahm ihr die Zigarette aus den Fingern und rauchte sie selbst weiter. Er legte die Ruder hin und überließ dem Blonden alle Arbeit. Dem würde es sehr gesund sein, bemerkte er, bei seiner Anlage … WEITERLESEN.

Oh là là, le Konstantinhügel! 1869-1871

Bois_de_Boulogne-1890-1900
Sieht aus wie der Konstantinhügel, ist es aber nicht: Der Wasserfall im von Jean-Pierre Barillet-Deschamps umgestalteten Pariser Bois de Boulogne auf einer Aufnahme, die ca. 1900 entstand.
Jean-Pierre Barillet-Deschamps
Der Landschaftsarchitekt des Haussmann’schen Paris: Jean-Pierre Barillet-Deschamps.

Im New Yorker Metropolitan Museum of Art findet derzeit eine offenbar eindrucksvolle Ausstellung über den Pariser Fotografen Charles Marville (1813-1879) statt, über einen Mann also, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts jenes Paris ablichtete, das kurz danach der Spitzhacke von George-Eugène Haussmann, dem mächtigen Stadtplaner von Napoleon III., zum Opfer fallen würde. Marville fotografierte aber auch die transformierte (und gentrifizierte) Seine-Metropole mit ihren breiten Boulevards, großzügigen Plätzen und neuen Parkanlagen – und dokumentierte so auch das Werk des Gartenarchitekten Jean-Pierre Barillet-Deschamps, der zu Haussmanns engsten Mitarbeitern zählte (siehe etwa hier). Der kreative Pflanzenexperte war, gemeinsam mit seinem Kollegen Jean-Charles Alphand, nicht nur für das Erscheinungsbild unzähliger Pariser Plätze verantwortlich, sondern unter anderem auch für die Umgestaltung des Bois de Boulogne und des Bois de Vincennes sowie für die Realisierung des neu angelegten Parc des Buttes-Chaumont.

»Die Erdwarze«. Konstantinhügel, Mai 1871

Am 2. Mai 1871 musste der bekümmerte k.u.k. Erste Obersthofmeister Fürst Konstantin von Hohenlohe, Initiator und Namenspatron des nun sehr geschätzten Hügels im Prater (Entwurf: Jean-Pierre Barillet-Deschamps), Folgendes im Wiener Neuen Fremden-Blatt lesen:

»Das Ereignis des Tages bildete übrigens die Besichtigung des Konstantinhügels – jenes merkwürdigen Erdhaufens, der bereits so zahlreiche schlechte und gute Witze veranlasst hat. Ein Fachmann meinte kürzlich, man möge den Tag nicht vor dem Abend tadeln und mit der Aburteilung der Erdwarze, der man so voreilig einen stolzen fürstlichen Namen beigelegt hat, warten, bis die ganze Praterverschlechterung zu Ende geführt ist. Der Mann hat vielleicht Recht, aber wahr bleibt es darum doch, dass dieser Konstantinhügel samt Wasserfall und Teich das Geschmackloseste ist, was in Wien seit langer Zeit der Öffentlichkeit geboten wurde. Die Delikatessen Sachers können vielleicht die Gourmands mit dem Aufenthalt a u f dem Hügel versöhnen, das Publikum, das u n t e n spazieren geht, fährt oder reitet, wird nur lachen über diese Verunstaltung. Fürst Hohenlohe schwärmt bekanntlich für seine Idee der Praterverschönerung – Kavaliere haben das Privilegium, Launen und barocke Einfälle zu haben und auszuführen – aber selbstverständlich im eigenen Hause und auf eigene Kosten. Dass der Fürst seinen Geschmack … WEITERLESEN.