20. Mai 1867: Generalversammlung der Wiener Dampfmühlen-Aktiengesellschaft, Schüttelstraße 19

Dampfmühle am Schüttel
Bezauberte 1867 ihre Aktionäre: Die Dampfmühle am Schüttel.

»Bei freiem Entrée für die Berichterstatter fand heute die 26. ordentliche Generalversammlung der Dampfmühlen-Aktiengesellschaft im Mühlengebäude am Schüttel statt. Mit Bangen betraten wir die geheiligten Räume, die wir als Ausgestoßene seit Jahren nur aus scheuer Entfernung zu betrachten gewagt, und mit Spannung harrten wir der Dinge, die da kommen sollten. Zunächst wurden den anwesenden 26 Aktionären (mit Einschluss der Verwaltungsräte) vom Vorsitzenden Dr. Höchsmann mitgeteilt, dass die Statthalterei den im vorigen Jahre beratenen Statuten nach einigen unwesentlichen Änderungen die Genehmigung erteilt habe. Hierauf folgte die Verlesung des Geschäftsberichtes, welcher die eingetretene Entwertung des Papiergeldes und die Erhöhung der Getreidepreise, erstere mit, letztere jedoch ohne Bedauern, erwähnt. Ferner wird zur Kenntnis gebracht, dass ein neues Gebäude und neue Maschinen zur Trockenvermahlung hergestellt wurden. […]

Bevor jedoch die Abstimmung vor sich geht, bringt Baron Sommaruga (Bruder des Verwaltungsrats) mehrere Übelstände zur Sprache. Namentlich rügt er die Höhe des Debitorenkontos, welches 302,265 fl. 75 kr. beträgt usw. Die anwesenden Aktionäre sind jedoch von dem ihnen bevorstehenden, wie es scheint seltenen Genuss einer Superdividende so bezaubert, dass sie dem Vertreter ihrer Interessen nur unwillig Gehör schenken. Am ungeduldigsten benehmen sich bei dieser Gelegenheit einige Aktionäre von … WEITERLESEN.

Spaziergang in der Prater-Topothek

Was wäre ich übrigens ohne die Prater-Topothek? Auf dieser großartigen digitalen Plattform sind fast dreitausend (!), ab 1850 angefertigte Fotografien online abrufbar. Die Präzision der Tags muss man besonders lobend erwähnen: Selbst das Schlagwort »Feuermauer« ist gelistet.

http://prater.topothek.at

Hier zum Beispiel eine Aufnahme der Realschule am Schüttel (später: Bundeskonvikt, nun: Danube International School), die 1929 versendet wurde:

schüttelstrasse-realschule
Foto: Archiv Schatek.

Anfahrt inklusive: Per Schiff zum Fortuna-Bad am Schüttel, 1867

Besucher der Wiener Festwochen wissen, dass ein Ticket auch die Nutzung der Wiener Linien beinhaltet: Hin- und Rückfahrt sind gratis. Im Bestreben, Gäste in seine Badeanstalten am Schüttel (Fortuna-Bad) und am Kaiserwasser (Concordia-Bad) zu locken, hatte Filipp Fechner 1867 eine ähnliche Kooperation gestartet, wobei der findige Unternehmer bezüglich der Anfahrt zum Schüttel auch den Schiffsverkehr in seine Pläne inkludierte:

»Zur größeren Bequemlichkeit des P. T. Publikums hat der Eigenthümer beider obgenannten Badeanstalten mit mehreren Omnibus-Unternehmungen einerseits, so wie mit der Luftschifffahrts-Gesellschaft anderseits das Übereinkommen getroffen, die Badekarten in Verbindung mit der jeweiligen Hinfahrt zu bringen. Es kostet daher 1 Badekarte mit vollständiger Wäsche für das Fortuna-Bad inklusive der Hinfahrt mit dem Schiffe 30 kr., 1 Badekarte für das Concordia-Bad, mit vollständiger Wäsche, inclusive Fahrt zum Bade pr. Omnibus von den Vorstädten und der innern Stadt 40 kr., vom Praterstern nur 35 kr.«

inserat-fortuna-bad-am-schüttel-1867
Inserat in: Wiener Sonn- und Montagszeitung, 1. September 1867. Online auf anno.

Emil Mayer: Eistreiben am Donaukanal bei der Franzensbrücke, ca. 1917/18

Emil Mayer: Eistreiben am Donaukanal, ca. 1917/18
Emil Mayer: Eistreiben.

Wie so viele Anrainer war offenbar auch Fotopionier Emil Mayer ein passionierter Beobachter des Donaukanals, konkret: von dessen saisonal bedingtem Antlitzwechsel. In der Photographischen Korrespondenz, Ausgabe Jänner 1918, findet man nämlich unter anderem ein von ihm angefertigtes, mit Eistreiben betiteltes Foto. Tatsächlich handelt es sich um eine Aufnahme des Donaukanals an der Franzensbrücke, um Mayers unmittelbare Nachbarschaft also, wohnte der Fotograf doch bis zu seinem Selbstmord (8. Juni 1938) im Haus Böcklinstraße 12.
Berührend an diesem Foto ist zudem auch Mayers nachvollziehbare Entscheidung, das am Landstraßer Donaukanalufer befindliche Gebäude Dampfschiffstraße 18/Radetzkystraße 24-26 in seine düster-melancholische Komposition einzugliedern. Links im Bild ist es schemenhaft und schneebedeckt zu sehen, jenes faszinierende Eckhaus, das von 1847-1849 entstand, laut Architektenlexikon (Architekturzentrum Wien) eine »sehr frühe und zukunftsweisende formale Lösung« darstellt und somit einen nicht unwesentlichen Rang in der hiesigen Stadtlandschaft einnimmt: »Die einheitliche architektonische Gestaltung mit betonter Ecke intendiert bereits die für Wien typische Blockverbauung, und auch die dominierende Eckansicht wird später zu einem Charakteristikum der Stadt.« Schon einige Jahre nach seiner Errichtung wird es übrigens mit dem Leopoldstädter Tempel und dem 2. Nordbahnhof ein interessantes architektonisches Dreieck bilden. Als Architekt des Gebäudes ist zwar Josef Kastan WEITERLESEN.

Im Flug über das barocke Wien: Die faszinierende Vogelschaukarte des Joseph Daniel von Huber, 1769–1778

Auch das war Erdberg: Links oben im Bild ist ein kurzer Abschnitt der Erdbergstraße zu sehen, rechts unten der Paar’sche Barockgarten am Donaukanal auf Höhe der Rotundenbrücke.

Es muss ein enormer, für heutige Verhältnisse kaum zu fassender Arbeitsaufwand gewesen sein. Schließlich war die Donaumetropole in jenen Jahren, als der rührige Obristwachtmeister im Auftrag von Maria Theresia an seiner detaillierten Vogelschaukarte arbeitete, nach London, Paris und Neapel die viertgrößte Stadt Europas. Doch Joseph Daniel von Huber (1730/31 – 1788) meisterte die Aufgabe bravourös und hinterließ mit seiner dreidimensionalen Ansicht der Barockstadt Wien, die sogar die Konskriptionsnummern umfasst, ein faszinierendes Meisterwerk der Kartographie.

Von der Rochuskirche zum Donaukanal: Dieser von mir zusammengestellte und hier verkleinerte Kartenausschnitt, der etwa auch das einstige Palais Mesmer (ja, der Magnetiseur!) in der Rasumofskygasse abbildet und die zu trauriger Berühmtheit gelangte Hinrichtungsstätte am Donaukanal („Richtstadt“) anführt, ist in größerer Version mit Klick auf das Bild oder diesen Link (Achtung: 3 MB, längere Ladezeit!) abrufbar. Um die Werktreue beizubehalten, wurden einzelne Fehler nicht retuschiert.

Die von 1769 bis 1773 angefertigte und 1778 gedruckte Karte umfasst 24 Kupferstich-Blätter und wurde von der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze in sehr hoher Auflösung online gestellt:

http://teca.bncf.firenze.sbn.it/TecaViewer/index.jsp?RisIdr=BNCF0003495768

Die einzelnen Abschnitte (Foglio 1.1 … WEITERLESEN.