Moritz Hirschl und der Kampf um die Schüttelstraße, 1872

Moritz Hirschl, Inserat, 1875
Aus: Wiener Salonblatt, 27. November 1875.

Die Nachwelt hat ihm keine Kränze geflochten. Im Gegenteil. Seinem Kontrahenten hingegen wurden Denkmäler gewidmet, Straßenbezeichnungen, und auch ein ausführlicher Wikipedia-Eintrag. Jener Kontrahent also, der das Projekt schließlich zu Fall brachte – sein Name war Josef Schöffel – wurde zudem von Karl Kraus liebevoll verewigt, in der Fackel, wo er, der Kontrahent, auch mehrmals selbst publizierte.

Moritz (bzw. Moriz) Hirschl aber ging in die Geschichte ein als böser Industrieller, der den Wienerwald abholzen wollte.

Dieser Blickwinkel soll sich nun ändern, denn es gibt viel über ihn zu erzählen. Hirschl und seine Angehörigen waren für das Pratercottage von großer Bedeutung, hatten es, was nun völlig vergessen ist, in tatsächlich erheblicher Weise geprägt. Der sehr wohlhabende Unternehmer wohnte und arbeitete hier bis zu seinem Tod im Jahr 1883, war also umgeben von dichtem Baumbestand; vielleicht maß er auch, möglicherweise naiv, deshalb dem Wienerwald nicht jene Bedeutung zu, die der Grüngürtel für den Rest der Donaumetropole hatte. Bis heute jedenfalls finden sich Spuren seines Lebens in die Topographie dieses Viertels eingeschrieben. Die Recherche über ihn führt zu seinem guten Bekannten, dem Komponisten Karl Goldmark (Josef-Gall-Gasse 5), über dessen Begräbnis der als Kind im gleichen Haus … WEITERLESEN.

Anfahrt inklusive: Per Schiff zum Fortuna-Bad am Schüttel, 1867

Besucher der Wiener Festwochen wissen, dass ein Ticket auch die Nutzung der Wiener Linien beinhaltet: Hin- und Rückfahrt sind gratis. Im Bestreben, Gäste in seine Badeanstalten am Schüttel (Fortuna-Bad) und am Kaiserwasser (Concordia-Bad) zu locken, hatte Filipp Fechner 1867 eine ähnliche Kooperation gestartet, wobei der findige Unternehmer bezüglich der Anfahrt zum Schüttel auch den Schiffsverkehr in seine Pläne inkludierte:

»Zur größeren Bequemlichkeit des P. T. Publikums hat der Eigenthümer beider obgenannten Badeanstalten mit mehreren Omnibus-Unternehmungen einerseits, so wie mit der Luftschifffahrts-Gesellschaft anderseits das Übereinkommen getroffen, die Badekarten in Verbindung mit der jeweiligen Hinfahrt zu bringen. Es kostet daher 1 Badekarte mit vollständiger Wäsche für das Fortuna-Bad inklusive der Hinfahrt mit dem Schiffe 30 kr., 1 Badekarte für das Concordia-Bad, mit vollständiger Wäsche, inclusive Fahrt zum Bade pr. Omnibus von den Vorstädten und der innern Stadt 40 kr., vom Praterstern nur 35 kr.«

inserat-fortuna-bad-am-schüttel-1867
Inserat in: Wiener Sonn- und Montagszeitung, 1. September 1867. Online auf anno.

Karl Kraus über die Bahn Wien-Pressburg, 1914

Am 5. Februar 1914 wurde die an der Weißgerber- sowie an der Erdberger Lände verlaufende Eisenbahnstrecke Wien-Pressburg (inklusive der Station Sophienbrücke/Rotundenbrücke) feierlich eröffnet. Auch Karl Kraus (1874-1936) zeigte sich an diesem Ereignis höchst interessiert. Nachfolgender Text erschien im März 1914 in der Fackel.

Die elektrische Bahn Wien-Pressburg ist eröffnet worden

das ist praktisch. Mitglieder des Wiener Männergesangvereins trugen dabei einen Chor vor, das ist unpraktisch. An der Eröffnungsfahrt nahmen teil die Inspektoren Edelstein und Kronos, das ist interessant, wiewohl der letztere nicht identisch oder verschwägert ist. In Pressburg angelangt, bemerkte einer, dass dort 1277 Ladislaus IV. mit König Rudolf jenen Bündnisvertrag geschlossen habe, auf Grund dessen die Schlacht bei Dürnkrut gewonnen wurde, und dass dorthin, nach Pressburg, Ferdinand I. nach der Schlacht bei Mohacs seine Residenz verlegte. Das ist lückenhaft, weil in Pressburg auch der Professor Bernhardi aufgeführt werden sollte. Der österreichische Eisenbahnminister hielt drei Reden, eine bei der Abfahrt des Zuges, eine an der Grenze und eine beim Ziel. Das ist viel. „Man hat sich schließlich gesagt“, meinte er, „es kann nicht Sache der Regierung sein, den technischen Fortschritt aufzuhalten, und was das Interesse der Allgemeinheit ist, ist schließlich auch das Interesse des Staates.“ Das ist einsichtig. Ein anderer WEITERLESEN.