Meldezettel Jenny Adler-Herzmark und Max Adler, Schüttelstraße 15a (heute Schüttelstraße 13; 1909)

(Quelle: WStLA, Historische Meldeunterlagen, K11: Adler Max, 15.1.1873; CC BY-NC-ND 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/deed.de)

Jenny Adler-Herzmark und Max Adler im Wien Geschichte Wiki:
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Jenny_Adler
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Max_Adler_(Soziologe)

Der Philanthropische Verein. Simon Steingraber, Böcklinstraße 45 (ca. 1914/15–1923)

Im Alten Jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs: Die Gräber von Emil Horner und Simon Steingraber; letzteres mit leider nicht mehr intaktem Grabstein. (Fotos: Eva Maria Mandl, 2017)

Emil Horner (1854–1910) war Prokurist bei S. M. v. Rothschild. Er wohnte in der Praterstraße 47 (siehe auch Lehmanns Adressbuch 1910; das Haus existiert nicht mehr). Er wurde als »herzensguter Mensch« beschrieben.

Simon Steingraber (1845–1923) war Prokurist bei den Gebrüdern Gutmann. Er wohnte unter anderem in der Mayerhofgasse 12 (damals ebenso übrigens wie auch Alexander Girardi, der Gustav Picks Fiakerlied so genial interpretierte) und in der Wohllebengasse 5. In Lehmanns Adressbuch 1915 wird schließlich erstmals die Villa Böcklinstraße 45 als seine Wohnadresse angegeben (in der neuen Nachbarschaft residierten auch mehrere Verwandte). Er wurde als »Menschenfreund von seltener Herzensgüte« beschrieben.

Lehmanns Adressbuch 1907: Simon Steingraber und Alexander Girardi wohnten beide im Haus Mayerhofgasse 12, 1040 Wien.
Lehmanns Adressbuch 1915: Simon Steingraber wohnt in der Villa Böcklinstraße 45 (die Straße hieß damals noch Valeriestraße). In diesem Haus lebte als Steingrabers Nachbar auch der renommierte Fotograf Hermann Clemens Kosel.

Diese liebevollen Charakterisierungen dürften wohl zutreffend sein. Horner und Steingraber nämlich zählten zu den maßgeblichen Persönlichkeiten der bedeutenden Wiener Wohltätigkeitsorganisation Philanthropischer WEITERLESEN.

Der Starbiologe. Paul Kammerer, Schüttelstraße 29 (1907–1912)

Prolog

Als nachfolgende Zeilen, verfasst zu Jahresbeginn 1926 im oberösterreichischen Schloss Würting, schließlich in Druck gingen, weilte ihr Autor nicht mehr unter den Lebenden: Der international angesehene Biologe Paul Kammerer hatte sich, nachdem man ihn kurz zuvor einer Fälschung bezichtigte und damit ein enormer Wissenschaftskandal ausgelöst wurde, am 23. September 1926 erschossen.

»Gemeinsam waren wir zum Achten Internationalen Zoologenkongreß (1910) nach Graz gefahren. Beim Erwachen im Hotel sagte ich zu Przibram: ›Heute ist mein 30. Geburtstag!‹ – Worauf er: ›So werden Sie von jetzt an keine neuen Gedanken mehr haben! Alle selbstständigen Ideen werden vor dem 30. Jahre konzipiert; der Rest des Lebens dient dem Ausbau.‹«1

Paul Kammerer (1880–1926). Foto: Wikimedia Commons (George Grantham Bain Collection – Library of Congress).

Nicht einmal die Fahnenkorrektur jenes Buches, in dem diese persönlichen Erinnerungsschnipsel zu Hans Leo Przibram, dem Leiter der Biologischen Versuchsanstalt im Prater, einen prominenten Platz fanden, habe Kammerer vornehmen können, klagte Wilhelm (von) Gutmann (1889–1966), einer der engsten Freunde des lebensmüden Biologen und Hausherr des als Künstler- und Intellektuellenrefugium hoch geschätzten Schlosses Würting.2 Gutmann, dessen Bruder Hans – es wurde hier schon erwähnt – damals eine Villa in der Rustenschacherallee bewohnte, war auch Adressat eines Abschiedsbriefes … WEITERLESEN.

Emanuel Winternitz, Böcklinstraße 49 (ca. 1915 – ca. 1926), Teil I

Emanuel Winternitz‘ langjährige Arbeitsstätte: Das New Yorker Metropolitan Museum of Art (Foto: Physicistjedi/Wikimedia Commons)

Das Kuvert wurde am 8. Juni 1921 abgestempelt. Es ist adressiert an »Herrn cand. jur. Emanuel Winternitz, Wien II, Böcklinstraße 49«. Nun befindet es sich in New York, gemeinsam mit Tausenden weiteren Dokumenten, die Winternitz, über mehrere Dekaden Leiter der berühmten Musikinstrumente-Sammlung des Metropolitan Museum of Art, hinterlassen hatte, Dokumente, die das Leben des renommierten, in Wien geborenen Wissenschaftlers von 1898–1938 umfassen und Jahrzehnte nach seinem Tod – er verstarb 1983 in Manhattan – durchaus unerwartet entdeckt wurden. Parallel zu diesen Fundstücken (es handelt sich um Briefe, Fotos, Eintrittskarten und vieles mehr) hinterließ Emanuel Winternitz auch Notizen zu seiner Biografie – sie waren von ihm unter dem Titel The luggage of an immigrant (Das Gepäck eines Einwanderers) zusammengefasst worden. Diese Notizen, sowohl handschriftlich als auch in Form eines darauf basierenden Typoskripts, bilden eine wesentliche Quelle für mehrere Blogbeiträge, die hier in naher Zukunft veröffentlicht werden: Winternitz, der in Wien dem Kreis um Hans Kelsen angehörte, als Jurist tätig war und nach dem »Anschluss« flüchten musste, wohnte mehrere Jahre bei seiner Mutter Gisela (geb. Steingraber) und seinem Stiefvater, dem Anwalt Adolf Kappelmacher, in der … WEITERLESEN.

Exkurs: Ein Spaziergang im Währinger und Döblinger Cottage

Cottage-Sanatorium

Am 21. Jänner 1919 wurden die österreichischen Tageszeitungen von den Ergebnissen der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung (19. Jänner 1919) dominiert, den ersten reichsweiten Wahlen nach der Novemberrevolution 1918. An diesem Tag quartierte sich Bianca Blum-Gentilomo im Cottage-Sanatorium, Sternwartestraße 74, 1180 Wien ein. Dort wird sie die nächsten Wochen verbringen und am 16. März wieder in die Böcklinstraße zurück kehren. Warum Blum-Gentilomo die noble Krankenanstalt aufsuchte, ist nicht bekannt.

Kürzlich spazierte ich, mit einem Buch in der Hand, durch das Währinger und Döblinger Cottage, stand plötzlich vor dem einstigen Sanatorium und war sofort gefesselt. Ausgerechnet hier, fernab der Wiener Innenstadt, lässt sich also eine fast rührende Bekundung der Freundschaft zwischen dem stolzen Serbien und dem mächtigen Russland entdecken: An dem imposanten Eckgebäude, das seit den 1950er Jahren in russischem Besitz ist, nämlich prangt neben dem eleganten Eingangsbereich eine bemerkenswerte Gedenktafel. Sie erinnert an Laza Kostić: Der Schriftsteller, Poet und Shakespeare-Übersetzer, der zudem als nationalistischer serbischer Politiker in die Balkan-Geschichte einging, war 1910, als Patient des Cottage-Sanatoriums, in diesem Haus verstorben. (Auch der kränkelnde Prinz Mirko von Montenegro hatte sich hier übrigens während des 1. Weltkriegs kurz einquartiert, woran allerdings keine Tafel erinnert. Der Prinz verschied schließlich 1918 im Sanatorium Löw in … WEITERLESEN.

Freiburg, mon amour: Jean Lassner, Laufbergergasse 6, Schüttelstraße 15 und Böcklinstraße 35 (1913-1938)

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Freiburg im Winter 1934: Das Philosophen-Trio Jan Patočka, Edmund Husserl, Eugen Fink. Rechts: Hans Lassner.

Die Krise des europäischen Daseins hat nur zwei Auswege: Den Untergang Europas in der Entfremdung gegen seinen eigenen rationalen Lebenssinn, den Verfall in Geistfeindschaft und Barbarei, oder die Wiedergeburt Europas aus dem Geiste der Philosophie durch einen den Naturalismus endgültig überwindenden Heroismus der Vernunft. Europas größte Gefahr ist die Müdigkeit.
Edmund Husserl, Die Krisis des europäischen Menschentums und die Philosophie (Wien, Mai 1935)

Es waren, so schilderte es ein Beteiligter, ungewöhnlich milde Weihnachten gewesen. »Auf dem Schlossberg begannen die Forsythien zu blühen«, erzählte Jan Patočka, tschechischer Philosoph sowie, gemeinsam mit Václav Havel und Jiří Hájek, Sprecher der Bürgerrechtsbewegung Charta 77. Und so überlegten die Männer, kaum verwunderlich, die regelmäßigen Spaziergänge gar bis St. Ottilien auszudehnen, das idyllisch auf einer Anhöhe gelegene Waldheiligtum in der Nähe von Freiburg. Diese Fußmärsche wurden von intensiven, philosophisch grundierten Gesprächen begleitet, die vorwiegend um ein ganz spezielles Thema kreisten: die Phänomenologie. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand natürlich deren Begründer Edmund Husserl, einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts, damals 75jährig und – im Gegensatz zu seinem einstigen Assistenten Martin Heidegger, von dem er sich in … WEITERLESEN.

Denkschrift des Vereines zur Unterstützung mittelloser israelitischer Studierender in Wien: Arnold Ascher, Laufbergergasse 8/Böcklinstraße 2 (ca. 1906–1938)

Eigentlich war er ja in die Fußstapfen seines Schwiegervaters getreten. Schon Moriz Friedländer, der bedeutende Religionsphilosoph, hatte als Generalsekretär der von Baron Maurice de Hirsch, einem Förderer von Kronprinz Rudolf, initiierten karitativen Stiftung agiert. Nun erfüllt Arnold Ascher diese Aufgabe und bemüht sich intensiv um die finanzielle Unterstützung ärmlicher Landstriche in der Donaumonarchie, namentlich in Galizien und der Bukowina. Parallel dazu engagiert sich der fleißige Jurist und Bruder des Komponisten Leo Ascher überdies in der jüdischen Vereinigung B’nai B’rith. Letztere findet sich prominent auch in einer schön gestalteten Denkschrift aus dem Jahr 1911 wieder, die sich auf Stipendien für jüdische Studenten in Wien bezieht, wohl dank Aschers tatkräftiger Mitwirkung entstand und einen von ihm verfassten, ganzseitigen Artikel enthält. Sein Beitrag wird hier umrahmt von Texten, Zeichnungen und musikalischen Skizzen, die Sigmund Freud, Arthur Schnitzler (und auch sein Bruder), Vater und Sohn Korngold, Wilhelm Jerusalem, die Maler Jehudo Epstein, Isidor Kaufmann, Lazar Krestin und Emil Ranzenhofer, der renommierte Chemiker Adolf Lieben, der Neurologe Moriz Benedikt, der Orientalist David Heinrich Müller oder auch der Talmud-Experte Samuel Krauss (seine Tochter wohnte übrigens in der Böcklinstraße) zu diesem Anlass beisteuerten. Schwiegervater Moriz sowie Arnolds »Nachbarn«, Bruder … WEITERLESEN.

Verein der Freunde asiatischer Kunst und Kultur in Wien, Mitgliederliste 1931

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Im Wiener Grand Hotel: Der lebensfrohe Großindustrielle Erich Lederer.

Wie schon im Text zum Neuen Wiener Tattersall erwähnt, spielte der von Melanie Stiassny angetriebene Verein der Freunde asiatischer Kunst und Kultur in Wien während der Zwischenkriegszeit eine wichtige Rolle im wissenschaftlichen Leben der Donaumetropole. Im hier vorliegenden Mitgliederverzeichnis aus dem Jahr 1931 findet man neben Ferdinand Bloch-Bauer unter anderem auch den Großindustriellen Erich Lederer, der einst von Egon Schiele porträtiert wurde – ein Bonvivant, so Klaus Albrecht Schröder in seiner Hommage an diesen bedeutenden Mäzen der Albertina. Lederer wohnte, wie man sieht, im Grand Hotel am Kärntner Ring – dort, an der Bar, wurde 1931 auch das Foto rechts aufgenommen. Ebenfalls im Mitgliederverzeichnis gelistet werden überdies die Architekten Josef Hoffmann und Josef Frank; der Philosoph Heinrich Gomperz; der blutjunge und später weltberühmte Kunsthistoriker Ernst Gombrich; die Klimt-Sammlerin Serena Lederer, Erichs Mutter; der im Schloss Hetzendorf residierende Geiger Bronislaw Huberman, ein Superstar seiner Zeit und Gründer des Israel Philharmonic Orchestra; Graf Karl Lanckoronski, der faszinierende Kunstsammler, dessen eindrucksvolles Landstrasser Palais nach 1945 leider abgerissen wurde; Max Fleischer, der 1927 im Zsolnay-Verlag mit Der Porzellanpavillon Nachdichtungen chinesischer Lyrik veröffentlicht hatte; ausserdem, mit Bezug zum Pratercottage, Carla Schlesinger (Neuer Wiener … WEITERLESEN.