1848: Leopold Lažanský von Bukowa und Rosa von Mack (ca. Schüttelstraße 9)
Nun lautet seine offizielle Bezeichnung also: Moravské náměstí, auf Deutsch: Mährischer Platz. Ein klug gewählter, weil politisch harmloser Name, der jedweden Systemwechsel problemlos überdauern wird. Dies war nicht immer der Fall, im Gegenteil. Die Benennungen dieses Brünner Platzes spiegelten in ihrer Abfolge auf bemerkenswerte Weise die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts wieder: Lažanskýplatz, Kaiser-Josef-Platz, Lažanského náměst (Lažanský-Platz), Adolf-Hitler-Platz, náměstí Rudé armády (Platz der Roten Armee, bis 1990).
Leopold Lažanský von Bukowa (1808-1860), an den dieser Platz ab 1860 fast durchgehend bis 1939 erinnerte, hatte seit 1849 als Statthalter von Mähren amtiert. In seiner konservativ-absolutistisch geprägten Amtszeit begann die rasante Industrialisierung des Kronlandes, befeuert unter anderem durch die wirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahn. Zu jenen, welche die Gunst der Stunde nutzten, zählte übrigens auch der aus Leipnik (Lipník nad Bečvou) stammende Wilhelm von Gutmann, welcher um 1850, wie er in seiner Autobiografie Aus meinem Leben (1891) erzählt, in den Kohlenhandel einstieg und später zu einem der reichsten Unternehmer Mitteleuropas wurde. Der Aristokrat Lažanský selbst entstammte einer politisch einflussreichen Familie, die hohe Positionen im österreichischen Kaiserreich inne hatte: Sein Großvater Prokop (1740-1804) war unter anderem Präsident der Hofkanzlei, sein Vater Prokop (Procop) (1771-1823) amtierte als Hofkanzler und Statthalter von Mähren-Schlesien. Leopold wiederum hatte sich das Vertrauen der Habsburger auf Grund seiner Loyalität während der Revolution 1848 erworben.
Am 22. November 1850 trat er, der im barocken Brünner k.k. Statthaltereigebäude (Místodržitelský palác) – es grenzt an den nunmehrigen Moravské náměstí – residierte, mit einer 19jährigen in Wien vor den Altar: Leopold Lažanský von Bukowa heiratete Rosa (Rosine) von Mack. Rosa aus der Schüttelstraße, wo sie gemeinsam mit ihren Schwestern Ignatia und Amalia aufgewachsen war. Rosa, deren Familie unter anderem mit der dort angesiedelten Zuckerraffinerie zu erheblichem Wohlstand kam.
(mehr …)