Emil Mayer: Eistreiben am Donaukanal bei der Franzensbrücke, ca. 1917/18

Emil Mayer: Eistreiben am Donaukanal, ca. 1917/18
Emil Mayer: Eistreiben.

Wie so viele Anrainer war offenbar auch Fotopionier Emil Mayer ein passionierter Beobachter des Donaukanals, konkret: von dessen saisonal bedingtem Antlitzwechsel. In der Photographischen Korrespondenz, Ausgabe Jänner 1918, findet man nämlich unter anderem ein von ihm angefertigtes, mit Eistreiben betiteltes Foto. Tatsächlich handelt es sich um eine Aufnahme des Donaukanals an der Franzensbrücke, um Mayers unmittelbare Nachbarschaft also, wohnte der Fotograf doch bis zu seinem Selbstmord (8. Juni 1938) im Haus Böcklinstraße 12.
Berührend an diesem Foto ist zudem auch Mayers nachvollziehbare Entscheidung, das am Landstraßer Donaukanalufer befindliche Gebäude Dampfschiffstraße 18/Radetzkystraße 24-26 in seine düster-melancholische Komposition einzugliedern. Links im Bild ist es schemenhaft und schneebedeckt zu sehen, jenes faszinierende Eckhaus, das von 1847-1849 entstand, laut Architektenlexikon (Architekturzentrum Wien) eine »sehr frühe und zukunftsweisende formale Lösung« darstellt und somit einen nicht unwesentlichen Rang in der hiesigen Stadtlandschaft einnimmt: »Die einheitliche architektonische Gestaltung mit betonter Ecke intendiert bereits die für Wien typische Blockverbauung, und auch die dominierende Eckansicht wird später zu einem Charakteristikum der Stadt.« Schon einige Jahre nach seiner Errichtung wird es übrigens mit dem Leopoldstädter Tempel und dem 2. Nordbahnhof ein interessantes architektonisches Dreieck bilden. Als Architekt des Gebäudes ist zwar Josef Kastan sen. angegeben, ein vielbeschäftigter Mann, der in der nahen Mayergasse sein Atelier führte und auch für mehrere Häuser in der Franzensbrückenstraße verantwortlich zeichnete. Der Grad von Kastans tatsächlicher Urheberschaft allerdings verbleibt laut Architektenlexikon eher unklar. Bauherr des von Emil Mayer auf Bild gebannten Hauses jedenfalls war Matthias Vlasz (E. Vancsa, 1974), zu dem hier in diesem Blog noch einige ergänzende Angaben gemacht werden können: Er ist vermutlich ident mit Mathias Vlasz, einem umtriebigen Architekten (!), dessen Firmensitz sich u. a. in Mariahilf Nr. 11 befand. In jenen Jahren, als besagtes Haus am Donaukanal errichtet wurde, war Vlasz übrigens auch Besitzer der Liegenschaft Antonsgasse (bzw. Feldgasse) Nr. 264, nun Viktorgasse 2/Theresianumgasse 31, (1040 Wien) und somit von einem Gebäude, das später den Maler Carl Rahl wie auch den Fotografen Ludwig Angerer beherbergen würde – Vlasz hatte die Realität 1847 von Anton Grünn, seines Zeichens ebenfalls Stadtbaumeister, erworben und sie 1850 weiter verkauft (Quelle: Karl Hofbauer, Die Wieden mit den Edelsitzen Conradswerd, Mühlfeld, Schaumburgerhof und dem Freigrunde Hungerbrunn. Wien, 1864). Heute befindet sich an Stelle dieses Gebäudes das Palais der Apostolischen Nuntiatur.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. c. n. opitz

    Ah, sehr schön – das Eckhaus sticht mir auch jedes Mal ins Auge, wenn ich dort vorbeikomme (was zugegebenerweise nicht allzu oft ist), und ich denk mir jedes Mal, da wüßte ich gern mehr drüber. Herzlichen Dank also für den informativen Beitrag und natürlich auch für das faszinierende alte Foto :-)

  2. Eva Maria Mandl

    Danke für die netten Worte! Ja, mich hat dieses Gebäude auch schon seit langem beeindruckt. Jetzt hab‘ ich daher endlich die Gelegenheit genutzt, mich näher damit zu beschäftigen :)

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