Tiergarten am Schüttel: Erweiterung, 1895

Der Haupteingang zum Tiergarten am Schüttel in der Laufbergergasse.

[Text und Entwürfe wurden der 1895 veröffentlichten Ausgabe von Der Architekt entnommen.]

Bauten des Wiener Tiergartens.
Von den Architekten Misch und Niedzielski.

1. D a s  P o r t a l. Dieses triumphbogenartige, im Detail in den Formen der deutschen Renaissance erbaute Portale bildet den in der Laufbergergasse gelegenen Haupteingang des neuerbauten Wiener Tiergartens. Dasselbe ist durchwegs gemauert mit teilweiser Anwendung von Rohbau und Kunststein; ersterer bildet die Wandverkleidung, letzterer die architektonischen Gliederungen und den plastischen Schmuck. Die das Portale krönende Gruppe der Diana, sowie die das Ganze flankierenden Löwengruppen sind aus Grisignanostein.

Tiergarten am Schüttel: Restaurant und Saalbau.

2. D e r  S a a l b a u  des Wiener Tiergartens ist angrenzend an die längs der Schüttelstraße neuerbauten Restaurationslocalitäten als ein bereits bestehender Bau der ganzen Anlage einverleibt worden. Die aus dem Grundrisse ersichtliche schiefe Stellung desselben musste der Anlage gegen die Schüttelstraße angepasst werden. Im Erdgeschosse des errichteten Vorbaues befinden sich der Eingang in die Restauration, die „Schwemme“, sowie die Diensttreppe. Die Küche befindet sich unter dem alten Saalbau.

Im ersten Stockwerke sind die Speisesäle, sowie alle hierzu gehörigen Ubicationen unmittelbar anstoßend an den großen Saal

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Der Traum von Eretz Israel. Oskar Marmorek, Bauherr und Architekt der Häuser Böcklinstraße 59, 61, 63

Führende Zionisten und enge Freunde: Oskar Marmorek (1863-1909) und Theodor Herzl (1860-1904).

»Das ist das Bauamt,« sagte David. »Hier haust Steineck, unser erster Architekt. Von ihm ist der Stadtplan entworfen worden.«
»Der Mann hat eine große Aufgabe,« sprach Friedrich.
»Groß, jawohl, aber auch freudig. Er durfte aus dem Vollen schaffen, wie übrigens wir alle. Nie in der Geschichte sind Städte so rasch und herrlich erbaut worden wie bei uns, weil man nie vorher solche technischen Mittel zur Verfügung hatte.«
Theodor Herzl, Altneuland, 1902

Ein Jahr, bevor sein Haus in der ruhigen Straße zwischen Donaukanal und Prater errichtet wurde, hatte er noch eine flammende Rede gehalten. Es war am 23. August 1903, beim 6. Zionistenkongress in Basel, als Oskar Marmorek, begleitet von lebhaftem Beifall und Händeklatschen, nach der Einführung von Theodor Herzl das Wort ergriff. »Die zionistische Volksbewegung steht im innigen Kontakt mit dem Leben, den Leiden und Freuden des jüdischen Volkes, und diese sind es, welche seine Tätigkeit und Bemühungen bestimmen und dirigieren,« donnerte der im galizischen Pieskowa Skała geborene und seit 1875 in Wien ansässige Architekt in den Saal. »Noch auf dem ersten Kongresse konnte der große Schilderer der Lage der Juden seinem düsteren Bilde einige, wenn auch … WEITERLESEN.

Exkurs: Chic Parisien, die Familie Bachwitz und Albert Einstein. Löwengasse 47 (1938)

Der Hauptsitz von Chic Parisien in der Löwengasse. Studiert man die Illustration in höherer Auflösung, so wird gut ersichtlich, dass der Name des Verlages auch prominent am Dachfirst angebracht war. (1914)

Wie im Text über Ea von Allesch erwähnt, erinnert nichts mehr an die ursprüngliche Bestimmung des Palais des Beaux Arts in der Löwengasse 47. Dass hier mit der Chic Parisien Bachwitz AG ein auf Modethemen spezialisierter und international tätiger Verlag residierte (daher auch die repräsentativen, auf dem Gebäude thronenden Weltkugeln), dass an diesem Ort etwa 50 Zeitschriften, teilweise in dreisprachigen Ausgaben, produziert wurden – selbst einem Großteil der Anrainer ist dies nicht bekannt. Dass besagtes Haus 1908/09 im Auftrag von Arnold Bachwitz (1854-1930), dem Besitzer von Chic Parisien, erbaut wurde, ebensowenig. Daher folgen nun mehrere Links, die auf das tragische Schicksal der Familie Bachwitz verweisen, auf das Schicksal einer Familie, deren einstiger Hauptsitz nach wie vor das ihn umgebende Viertel (trotz des in der Nähe angesiedelten Hundertwasser-Hauses) auf so bemerkenswerte Weise prägt.

Rosine Bachwitz (geb. 1863), Arnolds Witwe, wurde 1942 im KZ Theresienstadt ermordet. Die israelische Holocaust-Gedenkstelle Yad Vashem hat ein ihr gewidmetes Gedenkblatt online gestellt: Gedenkblatt Rosine Bachwitz

Alice Strel, Pianistin und Tochter von Arnold und Rosine … WEITERLESEN.

»Schöner Palawatsch«. Ea von Allesch, Böcklinstraße 106, Löwengasse 47, Paracelsusgasse 9 (1915; 1918-1922)

Ea von Allesch (1875-1953)

Prolog

Angesichts der zahlreichen eklektizistischen Bauten, die sich hier versammeln, wirkt das Haus am Ende der Böcklinstraße fast schlicht. Golden glänzt der auf die Gründerzeit verweisende Fassadenschmuck in der frühen Morgensonne. Und die mittlerweile an den Mauern angebrachten Videokameras? Nun, sie stören den Gesamteindruck nicht wirklich. Man interessiert sich ja für andere Details. Für das dunkel schimmernde Tor zum Beispiel, das sie täglich passiert hatte. Damals, in der Anfangszeit des 1. Weltkriegs. Damals, als sie erneut nach Wien zurückgekehrt war. Damals, in jenen entscheidenden Tagen.

Der Aufstieg der Femme fragile als Femme fatale

»Vor etwa 5, 6 Jahren trat ich aus meinem Haus – vorbei die sog. Wasserleiche (Frau R.) eingehängt rechts Grossmann, links Polgar, fahren (warum?) wie sie mich sehn, auseinander« notierte Arthur Schnitzler um 1905 in sein Tagebuch. Die so unfein Titulierte war Emma Rudolph und in Wiens Künstlerkreisen nicht unbekannt. Schnitzler, der Alfred Polgar, dem unbeugsamen, wortgewaltigen Spötter, in herzlicher Abneigung verbunden war (gleiches gilt übrigens auch für Polgars Freund Stefan Großmann – in Schnitzlers Stück Das Wort werden die beiden entsprechend unfreundlich gezeichnet), ermöglicht uns mit dieser hingeworfenen Bemerkung, ein ganz bestimmtes, der Wiener Moderne eingeschriebenes Frauenbild zu rekonstruieren – ein Bild, … WEITERLESEN.

Der Mann, der Yeats verjüngte. Eugen Steinach, Böcklinstraße 51, 53, 94 (1912-1938)

Eugen Steinach, 1861-1944

Who can know the year, my dear,
when an old man’s blood grows cold?
– W. B. Yeats,
The Wild Old Wicked Man, 1937

»Ich habe es machen lassen.« berichtete W. B. Yeats im Frühsommer 1934 begeistert einem erstaunten Dubliner Freund. Mit »es« spielte der damals 69-jährige Nobelpreisträger auf jene Operation an, die ihm, der mit dem Alterungsprozess nur schwer zurechtkam (»That is no country for old men« klagte er etwa 1928 in Sailing to Byzantinum), erneut erotische Höhenflüge ermöglichen sollte: Eine Vasektomie, ausgeführt durch den flamboyanten Sexologen Norman Haire in London. Als praktischer Nebeneffekt würde sich zudem der hohe Blutdruck des Dichters senken. Yeats war also, wenig überraschend, bester Dinge und ließ sich auch durch spitze Bemerkungen fehlinformierter Zeitgenossen nicht aus der Ruhe bringen: Das sei doch, als würde man einen Cadillac-Motor in einen Ford einbauen, witzelte etwa Schriftstellerkollege Frank O’Connor.

Doch tatsächlich hatte der notorische Womanizer Yeats, erstens, sich eben nicht, wie O’Connor vermutete, Affendrüsen transplantieren lassen (damals ebenfalls à la mode), und, zweitens, in jenen fünf Jahren zwischen dem oben geschilderten Eingriff und seinem Tod noch vier ernsthafte sexuelle Beziehungen. Eine der Frauen, die linke, mit dem Anarchismus sympathisierende Autorin Ethel WEITERLESEN.

Biologische Versuchsanstalt (Vivarium), 1911

1911 veröffentlichte das US-amerikanische Magazin Popular Science einen ausführlichen Artikel über die Biologische Versuchsanstalt (Vivarium) im Prater. Die wissenschaftliche Institution genoss unter ihrem Gründer und damaligen Leiter, dem Experimentalbiologen Hans Przibram (er wurde 1944 in Theresienstadt ermordet), große internationale Anerkennung. Die folgenden Fotos entstammen dem Artikel, der Text selbst ist auf Google Books online abrufbar (ab Seite 584). Eine umfassende Darstellung der Biologischen Versuchsanstalt ist zudem im Bestand der Berliner Max-Planck-Gesellschaft zu finden [Link].