Arkadia im Prater: Die Bildhauerateliers, Krieau (ab 1873)

Für die Weltausstellung 1873 erbaut: Der südliche Pavillon des amateurs im Wiener Prater. Heute beherbergt er staatliche Bildhauerateliers.

In Österreich werden Preise (und Orden), so scheint es, gelegentlich ja eher nach dem Zufallsprinzip verliehen. Höchst korrekt allerdings verläuft der alljährliche Wettbewerb um die schönsten Bücher des Landes. Nun wurden die Gewinner für das Jahr 2011 bekannt gegeben.

Und siehe da: Unter den Ausgezeichneten befindet sich auch Arkadien und angenehme Feinde. Die Bildhauerateliers im Prater (Hrsg. Werner Würtinger; Revolver Publishing, Berlin 2011), ein von Gabriele Lenz fein gestalteter Band über jene beiden etwas versteckt am Rande der Krieau angesiedelten Gebäude, die einst als Pavillons des amateurs für die Kunstexpositionen der Wiener Weltausstellung 1873 errichtet wurden und seit 1875 (der nördliche Pavillon) bzw. 1883 (der südliche Pavillon) heimischen Bildhauern als Arbeitsstätte dienen. Diese beiden von Carl von Hasenauer entworfenen Pavillons sind übrigens die einzigen (!) noch existierenden Bauten der ehemals so riesigen Weltausstellung und daher naturgemäß umso bedeutender.

Näheres zu dem preisgekrönten Buch erfährt man unter anderem auf der Homepage des Verlages, die Jurybegründung findet sich hier. Besonders erfreulich: Der an der Wiener Angewandten lehrende Architekturhistoriker Matthias Boeckl stellte jenen Teil des Buches, der seinen detailliert recherchierten Text zur … WEITERLESEN.

Beethoven, der Schüttel und das Palais Rasumofsky (1810)

Joseph Mössmer, Im Prater, 1810 (Sammlung: Österreichische Nationalbibliothek)

Diese 1810 von Joseph Mössmer angefertigte aquarellierte Radierung ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen scheint der hier wiedergegebene Abschnitt des nunmehrigen Schüttels etwa auf Höhe der Paffrathgasse einen Bericht von Bettina Brentano auf bildhafte Weise zu unterstreichen: Brentano, die damals bei ihrer Schwägerin Antonie in der heutigen Erdbergstraße 19, in der palastartigen Birkenstock’schen Villa, wohnte, hatte am 15. Mai 1810 in einem ihrer Briefe an Goethe von einem morgendlichen Frühstück im nahen Prater geschwärmt: »Rund umher unter gewaltigen Eichen lagerten Türken und Griechen, wie herrlich nehmen sich auf grünem Teppich diese anmutigen buntfarbigen Gruppen schöner Männer aus!« Die so enthusiastisch beschriebenen Herren waren vermutlich Besatzungsmitglieder jener unzähligen Handelsschiffe, die damals den Donaukanal mit Südost-Europa verbanden und Wien mit Waren belieferten. Jene Männer nun, die Mössmer halb-liegend im Vordergrund plazierte, könnten angesichts der um 1800 im Osmanischen Reich üblichen Kleidung und Barttracht daher durchaus Türken sein.

»Auch von mir die herzlichsten Glückwünsche.« Egon Schiele, Kurzbauergasse 6 (1907-1909)

Das 1906 errichtete Haus Kurzbauergasse 6/Böcklinstraße 10. Schieles Atelier befand sich im
letzten Stockwerk hinter den beiden oben abgerundeten Fenstern. (Foto: Wien Kulturgut)

Es war ein unfreundlicher, nebelverhangener Dezembertag. Die Temperatur bewegte sich zwischen 0 und 3 Grad, ein ständig wiederkehrender Nieselregen erwies sich überdies als äußerst lästig. In den großen Wiener Geschäftsstraßen, wo an diesem letzten Advent-Wochenende die Läden auch am Sonntag geöffnet hatten, machte sich fassungslose Bestürzung breit: Ausgerechnet an einem der früher umsatzstärksten Tage des Jahres herrschte nun Flaute!  Erst am Abend, als sich das Wetter gebessert hatte, würde sich das für den »Goldenen Sonntag« gewohnte Bild ergeben, notierte die Neue Freie Presse: »Zwischen 6 und 7 Uhr abends sah man in dem ganzen Straßenzuge von der Rotenturmstraße über den Stephansplatz und die Kärntner Straße bis zur Oper eine riesige Menschenflut die Trottoirs füllen.«

Wir wissen nicht, wie der 18jährige, in Tulln geborene und nun in Wien lebende Kunststudent diesen Tag – es war der 20. Dezember 1908 – verbracht hat. Vielleicht arbeitete er in seinem ersten eigenen, im obersten Stockwerk befindlichen Atelier in der Kurzbauergasse 6, aus dessen Fenstern er die Böcklinstraße (damals: Valeriestraße) überblicken konnte. Vielleicht besuchte er seinen Onkel (und Vormund), zu dem … WEITERLESEN.