»Wer als junger Mensch in den fünfziger Jahren noch die Ruine des Gästehauses Heriot gesehen hat, glaubte aber nicht einer Vergangenheit, sondern der Zukunft begegnet zu sein.« (Friedrich Achleitner)
Sie lebten mit einem Leoparden(!), einem Papagei und mehreren Hunden. Der Swimming-Pool war mit Unterwasserbeleuchtung ausgestattet, die Eingangshalle marmorgetäfelt, in den Wohnräumlichkeiten sah man Bauhaus-Freischwinger ebenso wie fernöstliche Plastiken oder Fresken von Hilde Jesser-Schmid. Und das Dachgeschoss, es verfügte gar über einen Fechtsaal.
Kein Zweifel, die Besitzer der Villa in der Rustenschacherallee 30 – das Aristokratenpaar Hilda und Auguste Hériot nämlich – erfreuten sich an einem ebenso modernen wie exzentrischen Lifestyle. 1932 baute das renommierte Wiener Atelier Singer-Dicker ein gleichfalls spektakuläres Gästehaus im weitläufigen Garten der Villa. Auch hier war man in Sachen Design auf der Höhe der Zeit, hatten doch Friedl Dicker und Franz Singer am Weimarer Bauhaus studiert. »Das Innere nahm über den im alten Sockelgeschoss befindlichen Käfigen der Haustiere neben einer ›Lounge‹, Bügelzimmer, ›Office‹ und einem Gymnastikraum (›Gymnasium‹) zwei Gäste-Appartements mit jeweils eigenem Diener- und Ankleidezimmer, kleinem Wintergarten mit automatischer Bewässerung und einem Wohn-Schlafraum mit ausgeklügeltem Dreh-, Klapp- und Schiebemobiliar, Massagebank, Klimaanlage, versenkbaren Fenstern und Zugang zur großen Terrasse auf«, berichtet Iris Meder in Offene Welten. Die Wiener Schule im Einfamilienhausbau 1910-1938.
Friedl Dicker wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie Malstunden für Kinder initiierte, und 1944 in Auschwitz ermordet. Ihr beispielhaftes Werk war in den letzten Jahren Thema zahlreicher Publikationen und Ausstellungen. Die Villa Hèriot und das dazugehörige Gästehaus wurden 1960 abgerissen.
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