Österreichisches Filmmuseum stellt historische Aufnahmen online

Mit der Straßenbahn über den Ring zum Prater: Filmstill aus Vienne en Tramway (1906) inklusive Zirkus Busch und Würfeluhr.

Sehr leise – man kann durchaus sagen: fast ein wenig schüchtern! – wurde kürzlich eine Plattform mit historischem Filmmaterial zu Wien online gestellt. Diese noble Zurückhaltung ist natürlich völlig unbegründet, denn: Mit den hier versammelten Aufnahmen kann man Stunden, Tage, Wochen verbringen. StadtFilmWien beruht auf den Ergebnissen eines umfangreichen Forschungsprojekts, das unter der Ägide von Ludwig Boltzmann Institut, Österreichischem Filmmuseum sowie Gustav Deutsch und Hanna Schimek durchgeführt wurde. Bis dato sind 77 Filme (Amateuraufnahmen, Wochenschauen, Werbefilme, Dokus, etc.) zu sehen, wobei, so der Plan, eine Aufstockung der Online-Datenbank auf rund 100 Filme erfolgen soll. Begleitet wird das wertvolle Zelluloid-Material von vertiefenden, Kontext-spezifischen Texten.

Der für Wien so bedeutsame Prater ist selbstverständlich durch mehrere Aufnahmen dokumentiert und im sehr gut gegliederten Menü unter »Landmarks« zu finden. Als faszinierend für all jene, die sich für öffentlichen Raum und Verkehr interessieren, dürfte sich wiederum Vienne en Tramway (1906), eine mehr als dreiminütige Straßenbahnfahrt durch die Donaumetropole, erweisen. Völlig anders geartet hingegen ist Das neue Wien (1926 – 1927), ein Wahlpropagandafilm, der die Errungenschaften des sozialen Wohnbaus thematisiert und erschütternde Einblicke in einstige Wiener Elendsquartiere … WEITERLESEN.

Karl Kraus über die Bahn Wien-Pressburg, 1914

Am 5. Februar 1914 wurde die an der Weißgerber- sowie an der Erdberger Lände verlaufende Eisenbahnstrecke Wien-Pressburg (inklusive der Station Sophienbrücke/Rotundenbrücke) feierlich eröffnet. Auch Karl Kraus (1874-1936) zeigte sich an diesem Ereignis höchst interessiert. Nachfolgender Text erschien im März 1914 in der Fackel.

Die elektrische Bahn Wien-Pressburg ist eröffnet worden

das ist praktisch. Mitglieder des Wiener Männergesangvereins trugen dabei einen Chor vor, das ist unpraktisch. An der Eröffnungsfahrt nahmen teil die Inspektoren Edelstein und Kronos, das ist interessant, wiewohl der letztere nicht identisch oder verschwägert ist. In Pressburg angelangt, bemerkte einer, dass dort 1277 Ladislaus IV. mit König Rudolf jenen Bündnisvertrag geschlossen habe, auf Grund dessen die Schlacht bei Dürnkrut gewonnen wurde, und dass dorthin, nach Pressburg, Ferdinand I. nach der Schlacht bei Mohacs seine Residenz verlegte. Das ist lückenhaft, weil in Pressburg auch der Professor Bernhardi aufgeführt werden sollte. Der österreichische Eisenbahnminister hielt drei Reden, eine bei der Abfahrt des Zuges, eine an der Grenze und eine beim Ziel. Das ist viel. „Man hat sich schließlich gesagt“, meinte er, „es kann nicht Sache der Regierung sein, den technischen Fortschritt aufzuhalten, und was das Interesse der Allgemeinheit ist, ist schließlich auch das Interesse des Staates.“ Das ist einsichtig. Ein anderer WEITERLESEN.