Österreichisches Filmmuseum stellt historische Aufnahmen online

Mit der Straßenbahn über den Ring zum Prater: Filmstill aus Vienne en Tramway (1906) inklusive Zirkus Busch und Würfeluhr.

Sehr leise – man kann durchaus sagen: fast ein wenig schüchtern! – wurde kürzlich eine Plattform mit historischem Filmmaterial zu Wien online gestellt. Diese noble Zurückhaltung ist natürlich völlig unbegründet, denn: Mit den hier versammelten Aufnahmen kann man Stunden, Tage, Wochen verbringen. StadtFilmWien beruht auf den Ergebnissen eines umfangreichen Forschungsprojekts, das unter der Ägide von Ludwig Boltzmann Institut, Österreichischem Filmmuseum sowie Gustav Deutsch und Hanna Schimek durchgeführt wurde. Bis dato sind 77 Filme (Amateuraufnahmen, Wochenschauen, Werbefilme, Dokus, etc.) zu sehen, wobei, so der Plan, eine Aufstockung der Online-Datenbank auf rund 100 Filme erfolgen soll. Begleitet wird das wertvolle Zelluloid-Material von vertiefenden, Kontext-spezifischen Texten.

Der für Wien so bedeutsame Prater ist selbstverständlich durch mehrere Aufnahmen dokumentiert und im sehr gut gegliederten Menü unter »Landmarks« zu finden. Als faszinierend für all jene, die sich für öffentlichen Raum und Verkehr interessieren, dürfte sich wiederum Vienne en Tramway (1906), eine mehr als dreiminütige Straßenbahnfahrt durch die Donaumetropole, erweisen. Völlig anders geartet hingegen ist Das neue Wien (1926 – 1927), ein Wahlpropagandafilm, der die Errungenschaften des sozialen Wohnbaus thematisiert und erschütternde Einblicke in einstige Wiener Elendsquartiere bietet. So erfährt man etwa, dass in dem ab ca. 05:20 gezeigten »Erbsienhaus« in der Erdberger Schimmelgasse, einem düsteren Wohnklotz mit dunklen Korridoren und von Ratten bevölkerten Gangtoiletten, tausend Menschen in 216 einräumigen Wohnungen lebten und in dem Gebäude eine eigene Totenkammer untergebracht war – ein Film als Reality-Check zu Hugo Bettauers die Armut in den Vorstädten beschreibenden Roman Die freudlose Gasse (1924), sozusagen.

StadtFilmWien wandelt mit diesem Projekt in gewisser Weise auch auf den Spuren des British Film Institute (wobei die Briten sogar einen eigenen YouTube-Channel betreiben, der regelmäßig upgedatet wird). Einziger Wermutstropfen: Die Aufnahmen lassen sich nicht in Blogs und Webseiten einbetten. Aber vielleicht entschließt man sich ja einmal dazu, dies zu ermöglichen, oder veröffentlicht gar Material auf YouTube, wo man vermutlich doch einen etwas breiter gefächerten Zuseherkreis erreicht. Verdient hätte ihn sich diese tolle Plattform allemal.

Link: StadtFilmWien

  • Beitrags-Kategorie:Film / Praterstern

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. erich duda

    danke für den hinweis !
    bin von dieser seite begeistert – sehr lehrreich und interessant !

    mfg

Kommentare sind geschlossen.