Stauffenbergs Gefährten, Teil 1/2: Rudolf von Marogna-Redwitz, Böcklinstraße 27/Rustenschacherallee 12 (1938-1944)

marogna1
Von Misshandlungen gezeichnet: Rudolf von Marogna-Redwitz vor dem Volksgerichtshof in Berlin, Oktober 1944. Foto: Deutsches Bundesarchiv.
stauffenberg2
Mit Marogna-Redwitz seit den 1920er Jahren bekannt: Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944), der Kopf von Operation Walküre.

In den 1950er Jahren, so wird erzählt, war die von Richard Esriel entworfene Villa zwischen Böcklinstraße und Rustenschacherallee in einem beklagenswerten Zustand. Nun präsentiert sie sich tipp-topp renoviert, mit kleinen Beeten in den Vorgärten, und nichts deutet auf ihre Vergangenheit hin, auf jene Tage, als sie ein Wiener Zentrum für Operation Walküre bildete, diese am 20. Juli 1944 so tragisch gescheiterte Verschwörung innerhalb der deutschen Wehrmacht. Mehr als 200 Personen wurden in der Folge hingerichtet, darunter auch ein Mann, der von Claus Schenk Graf von Stauffenberg persönlich mit der Walküre-Durchführung in Wien betraut war, ein Mann, der in erwähnter Villa wohnte: Rudolf von Marogna-Redwitz, Leiter der deutschen Abwehr in Wien und von großer Bedeutung für den österreichischen Widerstand, wurde nach einem Schauprozess vor Roland Freislers Volksgerichtshof am 12. Oktober 1944 in Berlin-Plötzensee gehängt.

Schönbergs Lehrmeister: Oskar Adler, Franzensbrückenstraße 22 (1907-1914)

»Warum ist das so furchtbar laut???«
Wir schreiben das Jahr 1967 und befinden uns in Swinging London. Hans Keller, BBC-Star mit unverkennbarem Wiener Akzent und fraglos der einflussreichste Musikkritiker Großbritanniens, starrt ratlos auf seine jugendlichen Gäste. Diese hatten eben einen sehr psychedelischen Auftritt absolviert und saßen nun, bunt gewandet und in Erwartung eines drohenden Tribunals, vor dem erbarmungslosen Schönberg-Experten und Hohepriester der Klassik. Die Verständnislosigkeit zwischen den beiden Konfliktparteien – Hans Keller und Pink Floyd nämlich – beruhte, man kann es via Youtube überprüfen, auf Gegenseitigkeit, eine Annäherung der konträren Positionen war in dieser mittlerweile legendären Sendung definitiv nicht möglich.

Arzt, Astrologe, Musiker, Schönberg-Freund und Bruder eines führenden Austro-Marxisten: Oskar Adler (1875-1955).

Was aber hat dieser Zusammenprall der Welten mit dem Pratercottage zu tun? Nun, wir werden es im Laufe des Textes enthüllen. Vorerst begeben wir uns ins Jahr 1908, in die Franzensbrückenstraße 22, in ein hoch aufragendes Gründerzeithaus. Dort wohnte der Arzt Oskar Adler (geb. 1875 in Wien), Bruder des kantianisch geprägten Austro-Marxisten Max Adler sowie Jugendfreund und musikalischer Guru von Arnold Schönberg. »Durch ihn erfuhr ich zum ersten Mal, dass es so etwas wie eine musikalische Theorie überhaupt gibt«, erklärte Schönberg später. »Er leitete meine ersten Versuche … WEITERLESEN.

Verein der Freunde asiatischer Kunst und Kultur in Wien, Mitgliederliste 1931

erichlederer_1931
Im Wiener Grand Hotel: Der lebensfrohe Großindustrielle Erich Lederer.

Wie schon im Text zum Neuen Wiener Tattersall erwähnt, spielte der von Melanie Stiassny angetriebene Verein der Freunde asiatischer Kunst und Kultur in Wien während der Zwischenkriegszeit eine wichtige Rolle im wissenschaftlichen Leben der Donaumetropole. Im hier vorliegenden Mitgliederverzeichnis aus dem Jahr 1931 findet man neben Ferdinand Bloch-Bauer unter anderem auch den Großindustriellen Erich Lederer, der einst von Egon Schiele porträtiert wurde – ein Bonvivant, so Klaus Albrecht Schröder in seiner Hommage an diesen bedeutenden Mäzen der Albertina. Lederer wohnte, wie man sieht, im Grand Hotel am Kärntner Ring – dort, an der Bar, wurde 1931 auch das Foto rechts aufgenommen. Ebenfalls im Mitgliederverzeichnis gelistet werden überdies die Architekten Josef Hoffmann und Josef Frank; der Philosoph Heinrich Gomperz; der blutjunge und später weltberühmte Kunsthistoriker Ernst Gombrich; die Klimt-Sammlerin Serena Lederer, Erichs Mutter; der im Schloss Hetzendorf residierende Geiger Bronislaw Huberman, ein Superstar seiner Zeit und Gründer des Israel Philharmonic Orchestra; Graf Karl Lanckoronski, der faszinierende Kunstsammler, dessen eindrucksvolles Landstrasser Palais nach 1945 leider abgerissen wurde; Max Fleischer, der 1927 im Zsolnay-Verlag mit Der Porzellanpavillon Nachdichtungen chinesischer Lyrik veröffentlicht hatte; ausserdem, mit Bezug zum Pratercottage, Carla Schlesinger (Neuer Wiener … WEITERLESEN.