Krieau mit Rotunde, ca. 1911

Mary Dear am Donaukanal: Die Häuser der Familien Vetsera und Baltazzi, Schüttelstraße 7-9 (ehemals 11, ab 1870) und Praterstraße

Sultan Abdülmecid I. war, so wird erzählt, ein durchaus fortschrittlicher Mann. Theodore Baltazzi wird dies – vielleicht erfreut? – registriert haben. Der einflussreiche, in Konstantinopel ansässige Finanzmagnat unterstützte viele Projekte der Hohen Pforte, gemeinsam mit Bankiers wie den später in Paris bestens bekannten Camondos (Angehörige dieser Familie lebten übrigens auch in Wien). Der geschäftstüchtige Theodore verfügte zudem über eine weitere, ebenfalls ergiebige Einkommensquelle: Er kassierte die Mautgebühren für die Galata-Brücke, jene legendäre Überquerung des Goldenen Horns, die nach wie vor zum Pflichtprogramm ambitionierter Istanbul-Touristen zählt. Theodore Baltazzi ist aber auch für das Pratercottage von Bedeutung: Er war der Großvater von Mary Vetsera.

Als nämlich der österreichische Diplomat Albin Freiherr von Vetsera (1825-1887) mit seiner um vieles jüngeren Frau Helene (1847-1925), geborene Baltazzi, Theodores Tochter und angeblich »das reichste Mädchen von Konstantinopel«, um 1870 einen Wohnsitz in Wien suchte, fiel ihre Wahl auf ein Gebäude am Donaukanal, das erstaunlicherweise auch an jene … WEITERLESEN.
Innenaufnahmen Neuer Wiener Tattersall, Schüttelstraße 19a/Böcklinstraße 24 (1924)
Am 11. Dezember 1924 veröffentlichte Imre Békessy, berühmt-berüchtigt auch als Ahnherr des Revolverjournalismus, in der kurz zuvor von ihm gegründeten (und nach wie vor existenten) Zeitschrift Die Bühne eine Doppelseite über die gesellschaftlich hippen Aktivitäten der Wiener Reitinstitute. Illustriert wurde der Text (Autor: Dr. Hans Böhm) vorwiegend mit Fotos aus dem Neuen Wiener Tattersall – Békessys eifriger Fotograf Wilhelm Willinger (1938 Emigration nach Schanghai) hatte zu diesem Zwecke wohl einige Stunden am Schüttel verbracht. Nachfolgend nun Bilder sowie einige Auszüge aus dem Artikel, wobei besonders auf den dort erwähnten Felix Wolf verwiesen werden soll: Hier handelt es sich um jenen wohlhabenden Jugendfreund des Schriftstellers Hermann Broch, der 1927 dessen Teesdorfer Fabrik kaufen würde. Wolfs Gattin Martha, im Tattersall von der Bühne prominent ins Bild gerückt, arbeitete laut Broch-Biograph Lützeler zielstrebig daran, eine zentrale Stellung innerhalb der Wiener Haute-Volée einzunehmen. Doch 1931 ging das Unternehmen Lederer & Wolf bankrott und Felix Wolf erschoss sich in seinem Palais in der Prinz-Eugen-Straße 11.

… WEITERLESEN.»Oben (von rechts nach links): Die Reitgesellschaft im Neuen Wiener Tattersall: Frau Martha Wolf, Herr Felix Wolf, Fabriksdirektor Ernst und Karl Geiringer, Direktor Geiringer, Herr Robert Rosenfeld, Herr Drexler, Fräulein Ella Feuerstein, Herr Dr. Ernst Krausz, Herr Franz Hauser,
Spurensuche im Neuen Wiener Tattersall: Die Tragödie der Familie Schlesinger, Schüttelstraße 19a/Böcklinstraße 24 (1885-1938)

Loos kannte den jüdischen Besitzer des Tattersalls. Meine Mutter ging mit Loos zu ihm und brachte den Kaufpreis. Ich hatte kürzlich die Windsbraut an einen Hamburger Apotheker verkauft; die Summe genügte gerade für ein Pferd.
Oskar Kokoschka, Mein Leben. Bruckmann, 1971
Als Ann M. Lingg, wohnhaft im New Yorker Stadtteil Manhattan, im Mai 1995 verstarb, war dies für die New York Times Anlass, dazu eine Meldung ins Blatt zu rücken: Sie veröffentlichte einen kurzen Nachruf auf die renommierte Musikwissenschaftlerin, die unter anderem für das Magazin der Metropolitan Opera schrieb. Doch die Wurzeln der so Gewürdigten befinden sich in Wien: Ann M. Lingg – das war Anny Schlesinger, geboren in der Donaumetropole, Enkelin von Wilhelm Schlesinger, dem k.u.k. Hoflieferanten, Pferdehändler und Besitzer des Neuen Wiener Tattersalls in der Schüttelstraße 19a. Lingg, verheiratete Lessner, war von 1956 bis 1978 als letztes Familienmitglied Miteigentümerin dieser Liegenschaft, die im 19. Jahrhundert von ihren Vorfahren erworben wurde. Das Haus Nr. 19a – es zählt zu den ältesten Gebäuden im Pratercottage … WEITERLESEN.