Der Verkauf der Entreprise des pompes funèbres an die Stadt Wien (1907)

Im Jahr 1907 wird die Entreprise des pompes funèbres – sie war, wie in diesem Blog schon erwähnt, 1868 von dem im Pratercottage ansässigen niederländischen Generalkonsul Owen Maurits Roberts van Son erworben  und danach in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden – an die Stadt Wien verkauft.  Treibende Kraft von Seiten des Verkäufers: Owen Maurits Roberts van Son, der dem Verwaltungsrat des Bestattungsunternehmens vorstand.

Dazu war in der Wiener Tageszeitung Die Zeit am 15. Februar 1907, Seite 4, unter dem Titel Verstadtlichung der Leichenbestattung Folgendes zu lesen (online auf ANNO):

»Vorgestern wurde nun der Vertrag unterzeichnet, wonach beide Unternehmungen, vorbehaltlich der Zustimmung des Stadtrates und des Gemeinderates, an der wohl kaum zu zweifeln ist, am 1. April d. J. mit ihrem ganzen Fundus und ihrem Kundenkreis in das Eigentum der Gemeinde Wien übergehen, und zwar die Concordia um den Preis von 650.000 Kronen und die Entreprise um jenen von 1,700.000 Kronen. […|

Bezüglich der Entreprise wurde Folgendes vereinbart: Diese ist bekanntlich Aktiengesellschaft und wurde im Jahre 1870 unter dem Titel Erste Wiener Leichenbestattungsanstalt Entreprise des Pompes Funèbres gegründet. An der Spitze ihres Verwaltungsrates steht gegenwärtig Generalkonsul O. M. Roberts van Son. Das Aktienkapital beträgt eine Million Kronen Nominale, im Umlauf befinden sich 1664 Aktien. Die Entreprise wird nun, wie bereits erwähnt, um den Preis von 1,700.000 Kronen von der Gemeinde angekauft. Der Direktor des Verwaltungsrates, Generalkonsul Roberts van Son, in dessen Besitz sich 1150 Stück Aktien der Entreprise befinden, hat sich nun in dem jetzigen Übereinkommen der Gemeinde gegenüber verpflichtet, auf den 16. März eine Generalversammlung der Aktionäre der Entreprise einzuberufen, um in dieser den Vertrag mit der Gemeinde ratifizieren zu lassen, und außerdem verpflichtet er sich, um in der Generalversammlung sich beziehungsweise der Gemeinde Wien die Majorität zu sichern, bis zum 16. März die Aktien auf keinen Fall aus der Hand zu geben.

Am 1. April werden dann beide Unternehmungen in den Betrieb der Gemeinde Wien übernommen. Sämtliche Beamte der Concordia und der Entreprise treten in den städtischen Dienst; die Gemeinde wird für die kommunale Leichenbestattung ein eigenes Magistratsdepartement schaffen. Sollte die Gemeinde Wien, so wurde in dem Übereinkommen schließlich festgesetzt, bis zum 1. April nicht in der Lage sein, den Betrieb beider Unternehmungen in eigener Regie zu führen – was nur dann der Fall wäre, wenn die Zusammensetzung des neuen Magistratsdepartsments bis zum 1. April noch nicht beendet wäre – dann hätten kais. Rat Beschorner und Generalkonsul Roberts van Son die Verpflichtung, das Geschäft für Rechnung der Kommune so lange weiterzuführen, bis die Übernahme durch die Kommune erfolgt. Ansonsten wären beide Unternehmungen am 1. April zu liquidieren und ihre Beamten träten von da ab in städtische Dienste.

Mit dieser Verstadtlichung der Leichenbestattung ist eine seit langer Zeit schwebende wichtige kommunale Frage endlich gelöst und auf dem Gebiet der sozialen Kommunalpolitik zweifellos ein bedeutsamer Schritt nach vorwärts getan worden.«