Mit dem Thronfolger in Écska: Felix von Harnoncourt, Laufbergergasse 12

Felix von Harnoncourt, Franz Ferdinand in Ecska (Ecka), 1901
Happy Hour in Écska (Ečka): Erzherzog Franz Ferdinand und Graf Felix Harnoncourt (2. und 3. v. l.).

Am 2. Jänner 1900 wurde in der Pariser Tageszeitung Le Figaro unverhohlen spekuliert, der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand habe seine große Liebe Sophie Chotek von Chotkowa in einer geheimen Zeremonie geheiratet. Die Franzosen nannten, basierend auf Gerüchten in der Wiener Gesellschaft, sogar den Ort der angeblichen Trauung: die kleine Gemeinde Écska (Ečka) in der Vojvodina – damals in Österreich-Ungarn gelegen, heute ein Teil von Serbien, ein idyllischer Weiler, der von einem zwischen 1816-1820 errichteten Schloss dominiert wird. Dieses Anwesen, das laut Erzählungen u. a. mit einem Konzert des damals neunjährigen Franz Liszt eingeweiht wurde, befand sich im Besitz von Graf Felix Harnoncourt (1857-1934), Franz Ferdinands Jagdfreund – er hatte es nach dem frühen Tod seiner Gattin Marianne Lazar de Écska (1867-1893) geerbt.

Nun, tatsächlich vermählten sich Sophie und Franz Ferdinand ein halbes Jahr später, am 1. Juli 1900, im böhmischen Reichstadt (Zákupy).

28. Juni 1914: Sarajevo.

Die von Harnoncourt erbaute Villa im Pratercottage wurde mittlerweile abgerissen. Das Kastel Ečka hingegen steht unter Denkmalschutz, präsentiert sich schmuck renoviert und beherbergt ein Hotel. Dessen Website ist auf deutsch abrufbar. Die einstigen Aufenthalte von Franz Ferdinand … WEITERLESEN.

Der Prater, die Pferde und die Familie Springer, Teil 5: In der Freudenau

Freudenau, 1916: Gustav von Springer, Viktor Mautner von Markhof, Baron Czekelius von Rosenfeld, Nikolaus von Szemere, Anton Dreher, Andor von Pechy, Baron Mikulitsch.

Um die ganze Pracht dieses Fotos aus dem Jahr 1916 zu ermessen, sollte man es anklicken und in höherer Auflösung betrachten. Wir sehen hier teils schillernde Persönlichkeiten (Nikolaus von Szemere!) in ungewohnter Mission – ihr Augenmerk gilt ausschließlich den rasenden Rössern. Und wir sehen mit Gustav von Springer (links im Bild gemütlich auf einer Bank positioniert), Viktor Mautner von Markhof und Anton Dreher jun. jene Industriellen, deren riesige Rennställe – sie zählten vor dem 1. Weltkrieg zu den größten der Donaumonarchie – in die glanzvolle Geschichte der Freudenau eingingen. Nicht im Bild sind leider Isidor Schlesinger und seine Brüder Berthold und Max, die auch in Sachen Rennsport sehr engagierten Pferdehändler und Besitzer des Reitinstituts Neuer Wiener Tattersall (Schüttelstraße 19a), und dennoch dürfen sie nicht unerwähnt bleiben. Sie hatten »Gusti« von Springer, als dieser 1915 den Bestand seines Gestütes in Felsöjatto erheblich reduzierte, wertvolle Pferde abgekauft – damals, als der Philosoph Rudolf Eisler noch im Schlesinger’schen Tattersall wohnte, gemeinsam mit seinen Söhnen Hanns (dem späteren Komponisten) und Gerhart (er wird bis zu seinem Tod das staatliche DDR-Fernsehen befehligen) sowie mit seiner Tochter Elfriede (Ruth), die Mitte der 1920er-Jahre an der Spitze der deutschen Kommunisten stand.

Die Namen Mautner … WEITERLESEN.

Der Prater, die Pferde und die Familie Springer, Teil 4: Die Bergwerke in Jaworzno

Steinkohlengrube in Jaworzno. Zeichnung von Hugo Charlemont (Kronprinzenwerk, Band: Galizien, 1898)

Im Wiener Straßennetz finden sich einige ganz großartige Namen (1010, Stoß im Himmel, z.B., oder 1140, Grüne Stube). Vor wenigen Jahren gesellte sich nun auch 1020, An den Kohlenrutschen hinzu. Der so liebevoll betitelte Verkehrsweg im noch jungen Stadtentwicklungsgebiet Nordbahnhof mündet in die ebenfalls neu geschaffene Krakauer Straße. Fürwahr eine interessante topografische Festschreibung, die zu einem Blick zurück verleitet:

Die Presse, 18. Februar 1869
»Seit einigen Wochen sind hier Gerüchte verbreitet, die Nordbahngesellschaft beabsichtige das große Kohlenbergwerk Jaworzno käuflich an sich zu bringen. Bis jetzt haben diese Gerüchte wenig Wahrscheinlichkeit an sich; aber schon die bloße Anregung des Gedankens erregt in industriellen Kreisen Besorgnis über die Großmachtstellung der Nordbahn im Kohlenrayon Krakaus, da die Nordbahn ohnehin das bedeutende Kohlenbergwerk Pechnik bei Jaworzno besitzt. Man befürchtet nämlich – ich weiss nicht, ob mit Recht – die Nordbahn werde durch den Ankauf Jaworznos gewissermaßen Monopolistin im Kohlenrayon Krakaus werden.«

Neues Fremden-Blatt, 15. Mai 1871
»Die Verhandlungen wegen des Verkaufes des ärarischen Kohlenwerkes Jaworzno haben zu einem definitiven Resultate geführt. Das Werk ist bereits an ein aus den Bankiers Springer, Schoeller, Gebrüder Gutmann bestehendes Konsortium verkauft worden. Als

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Der Prater, die Pferde und die Familie Springer, Teil 3: Die Genesis eines Konzerns

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Einst ein Teil des Fould-Springer-Konzerns: Die vom Wiener Baron Max Springer begründete Presshefe-Fabrik in Maisons-Alfort nahe Paris.

Kommerzialrat Theodor Lassner, leitender Direktor der AG für Chemische Industrie, wohnte in der Villa Böcklinstraße 35 – und hatte eine führende Rolle innerhalb der Baron Springer-Stiftung inne. Dr. Ernst Bachrach, bis zum Crash der Credit-Anstalt (1931) Direktor der Berndorfer Krupp-Werke, wohnte in der Villa Böcklinstraße 47 – und saß im Verwaltungsrat des Fould-Springer-Konzerns (Paris). Vor dem »Anschluss« 1938 residierten also zwei Manager nur wenige Häuser voneinander entfernt, die im Rahmen ihrer so unterschiedlichen Tätigkeit eng mit der Familie Springer verbunden waren. Lassner konnte in die USA flüchten, Bachrach wiederum war ab Ende Juli 1938 nicht mehr im Pratercottage gemeldet – vermutlich war er von den Nationalsozialisten gezwungen worden, seine Wohnung zu verlassen. Er lebte danach mehrere Wochen in der Villa seiner Schwester Emma Ehrenzweig (1190, Vegagasse 5; der renommierte US-amerikanische Rechtswissenschaftler Albert Armin Ehrenzweig war sein Neffe) und meldete sich am 22. August 1938 nach Prag ab. Dort verlieren sich Ernst Bachrachs Spuren.

Beide Männer verfügen über bemerkenswerte Biographien. Auf diese wird zu einem späteren Zeitpunkt jeweils einzeln und ausführlich eingegangen werden; vorerst sollen, um sich einen allgemeinen Überblick zu verschaffen, kurz … WEITERLESEN.

Der Prater, die Pferde und die Familie von Springer, Teil 2: Gustav von Springer, die Baltazzis und der Jockey-Club

Gustav von Springers Pferd Vinea (1884)
Gewann 1884 den Preis des Jockey-Clubs (Österreichisches Derby): Gustav von Springers Pferd Vinea.

Im September 2011 veräußerte Nathaniel de Rothschild via Christie’s das Interieur des Palais Abbatial de Royaumont. Doch bei dieser Auktion wechselten nicht einfach nur Gemälde, Grafiken und wertvolles Mobiliar den Besitzer. Rothschild, der Sohn von Élie de Rothschild und Liliane Fould-Springer, trennte sich auch von mehreren Objekten, die mit der Geschichte des österreichischen Reitsports eng verbunden sind – von Objekten, die sich ziemlich sicher einst im Springer-Schlössl (Wien-Meidling) befanden und vom Prater erzählen, von der Freudenau, von Gustav von Springer, dem Wiener Großindustriellen, Pferdezüchter und Rennstallbesitzer. Im Auktionskatalog zum Verkauf der Sammlung Fould-Springer – denn um diese handelte es sich – nämlich finden sich neben Eugen Felix’ Porträt Madame Léon Fould, geborene Ephrussi (Mutter von Eugène Fould, Gustav von Springers Schwiegersohn) sowie Gemälden von Rudolf Ribarz und Moritz Daffinger vor allem mehrere Bilder, die Baron Springers Pferde porträtieren und wohl in seinem Auftrag geschaffen wurden. Eines davon zeigt Palmyra, gemalt von Wilhelm Richter, das u. a. im deutschen Derby 1875 siegreich blieb. Wer mag wohl nun dieses Bild besitzen?

Gustav von Springer, 1902 (Foto: Anton Huber)
Gustav von Springer, ca. 1902. Foto: Anton Huber.

Als Palmyra schnaubend über die Rennbahnen galoppierte, war … WEITERLESEN.

Der Prater, die Pferde und die Familie von Springer, Teil I

gustavvonspringer-helenabonhamcarter
Zwei Generationen einer Familie, die Österreichs Wirtschaftsgeschichte erheblich prägte: Der Wiener Industrielle Gustav von Springer (1842-1920) und seine Nachfahrin, Filmstar Helena Bonham Carter.

Das Foto erscheint am 28. Jänner 1934 im Wiener Salonblatt. Es zeigt einen etwa dreijährigen Jungen mit großen Augen, einer lustigen Frisur und bekleidet mit Hemd sowie kurzer Hose, der angesichts einer für ihn vermutlich neuen Situation ein wenig unsicher wirkt. Seine verschmutzten Schuhe evozieren den Gedanken, dass er eben noch gespielt hat, in einem Garten zum Beispiel. Der kleine Bub fixiert verlegen einen Punkt neben dem Kameraobjektiv. Vielleicht blickt er zu seiner Mutter (Mitglied einer berühmten Wiener Industriellenfamilie), oder zu seinem Vater (ein spanischer Diplomat), oder auch zum Kindermädchen. In der rechten Hand hält er, fast wie einen Taktstock, einen kurzen Stab, dessen Funktion unklar erscheint (Reitgerte?). Nun drückt Paula Witsch, Fotografin in der Wiener Prinz-Eugen-Straße 30, den Auslöser. Das Foto mit Felipe Propper de Callejón ist im Kasten.

20. Mai 1867: Generalversammlung der Wiener Dampfmühlen-Aktiengesellschaft, Schüttelstraße 19

Dampfmühle am Schüttel
Bezauberte 1867 ihre Aktionäre: Die Dampfmühle am Schüttel.

»Bei freiem Entrée für die Berichterstatter fand heute die 26. ordentliche Generalversammlung der Dampfmühlen-Aktiengesellschaft im Mühlengebäude am Schüttel statt. Mit Bangen betraten wir die geheiligten Räume, die wir als Ausgestoßene seit Jahren nur aus scheuer Entfernung zu betrachten gewagt, und mit Spannung harrten wir der Dinge, die da kommen sollten. Zunächst wurden den anwesenden 26 Aktionären (mit Einschluss der Verwaltungsräte) vom Vorsitzenden Dr. Höchsmann mitgeteilt, dass die Statthalterei den im vorigen Jahre beratenen Statuten nach einigen unwesentlichen Änderungen die Genehmigung erteilt habe. Hierauf folgte die Verlesung des Geschäftsberichtes, welcher die eingetretene Entwertung des Papiergeldes und die Erhöhung der Getreidepreise, erstere mit, letztere jedoch ohne Bedauern, erwähnt. Ferner wird zur Kenntnis gebracht, dass ein neues Gebäude und neue Maschinen zur Trockenvermahlung hergestellt wurden. […]

Bevor jedoch die Abstimmung vor sich geht, bringt Baron Sommaruga (Bruder des Verwaltungsrats) mehrere Übelstände zur Sprache. Namentlich rügt er die Höhe des Debitorenkontos, welches 302,265 fl. 75 kr. beträgt usw. Die anwesenden Aktionäre sind jedoch von dem ihnen bevorstehenden, wie es scheint seltenen Genuss einer Superdividende so bezaubert, dass sie dem Vertreter ihrer Interessen nur unwillig Gehör schenken. Am ungeduldigsten benehmen sich bei dieser Gelegenheit einige Aktionäre von … WEITERLESEN.