Der Prater, die Pferde und die Familie von Springer, Teil 2: Gustav von Springer, die Baltazzis und der Jockey-Club

Gustav von Springers Pferd Vinea (1884)
Gewann 1884 den Preis des Jockey-Clubs (Österreichisches Derby): Gustav von Springers Pferd Vinea.

Im September 2011 veräußerte Nathaniel de Rothschild via Christie’s das Interieur des Palais Abbatial de Royaumont. Doch bei dieser Auktion wechselten nicht einfach nur Gemälde, Grafiken und wertvolles Mobiliar den Besitzer. Rothschild, der Sohn von Élie de Rothschild und Liliane Fould-Springer, trennte sich auch von mehreren Objekten, die mit der Geschichte des österreichischen Reitsports eng verbunden sind – von Objekten, die sich ziemlich sicher einst im Springer-Schlössl (Wien-Meidling) befanden und vom Prater erzählen, von der Freudenau, von Gustav von Springer, dem Wiener Großindustriellen, Pferdezüchter und Rennstallbesitzer. Im Auktionskatalog zum Verkauf der Sammlung Fould-Springer – denn um diese handelte es sich – nämlich finden sich neben Eugen Felix’ Porträt Madame Léon Fould, geborene Ephrussi (Mutter von Eugène Fould, Gustav von Springers Schwiegersohn) sowie Gemälden von Rudolf Ribarz und Moritz Daffinger vor allem mehrere Bilder, die Baron Springers Pferde porträtieren und wohl in seinem Auftrag geschaffen wurden. Eines davon zeigt Palmyra, gemalt von Wilhelm Richter, das u. a. im deutschen Derby 1875 siegreich blieb. Wer mag wohl nun dieses Bild besitzen?

Gustav von Springer, 1902 (Foto: Anton Huber)
Gustav von Springer, ca. 1902. Foto: Anton Huber.

Als Palmyra schnaubend über die Rennbahnen galoppierte, war … WEITERLESEN.

Der Prater, die Pferde und die Familie von Springer, Teil I

gustavvonspringer-helenabonhamcarter
Zwei Generationen einer Familie, die Österreichs Wirtschaftsgeschichte erheblich prägte: Der Wiener Industrielle Gustav von Springer (1842-1920) und seine Nachfahrin, Filmstar Helena Bonham Carter.

Das Foto erscheint am 28. Jänner 1934 im Wiener Salonblatt. Es zeigt einen etwa dreijährigen Jungen mit großen Augen, einer lustigen Frisur und bekleidet mit Hemd sowie kurzer Hose, der angesichts einer für ihn vermutlich neuen Situation ein wenig unsicher wirkt. Seine verschmutzten Schuhe evozieren den Gedanken, dass er eben noch gespielt hat, in einem Garten zum Beispiel. Der kleine Bub fixiert verlegen einen Punkt neben dem Kameraobjektiv. Vielleicht blickt er zu seiner Mutter (Mitglied einer berühmten Wiener Industriellenfamilie), oder zu seinem Vater (ein spanischer Diplomat), oder auch zum Kindermädchen. In der rechten Hand hält er, fast wie einen Taktstock, einen kurzen Stab, dessen Funktion unklar erscheint (Reitgerte?). Nun drückt Paula Witsch, Fotografin in der Wiener Prinz-Eugen-Straße 30, den Auslöser. Das Foto mit Felipe Propper de Callejón ist im Kasten.

20. Mai 1867: Generalversammlung der Wiener Dampfmühlen-Aktiengesellschaft, Schüttelstraße 19

Dampfmühle am Schüttel
Bezauberte 1867 ihre Aktionäre: Die Dampfmühle am Schüttel.

»Bei freiem Entrée für die Berichterstatter fand heute die 26. ordentliche Generalversammlung der Dampfmühlen-Aktiengesellschaft im Mühlengebäude am Schüttel statt. Mit Bangen betraten wir die geheiligten Räume, die wir als Ausgestoßene seit Jahren nur aus scheuer Entfernung zu betrachten gewagt, und mit Spannung harrten wir der Dinge, die da kommen sollten. Zunächst wurden den anwesenden 26 Aktionären (mit Einschluss der Verwaltungsräte) vom Vorsitzenden Dr. Höchsmann mitgeteilt, dass die Statthalterei den im vorigen Jahre beratenen Statuten nach einigen unwesentlichen Änderungen die Genehmigung erteilt habe. Hierauf folgte die Verlesung des Geschäftsberichtes, welcher die eingetretene Entwertung des Papiergeldes und die Erhöhung der Getreidepreise, erstere mit, letztere jedoch ohne Bedauern, erwähnt. Ferner wird zur Kenntnis gebracht, dass ein neues Gebäude und neue Maschinen zur Trockenvermahlung hergestellt wurden. […]

Bevor jedoch die Abstimmung vor sich geht, bringt Baron Sommaruga (Bruder des Verwaltungsrats) mehrere Übelstände zur Sprache. Namentlich rügt er die Höhe des Debitorenkontos, welches 302,265 fl. 75 kr. beträgt usw. Die anwesenden Aktionäre sind jedoch von dem ihnen bevorstehenden, wie es scheint seltenen Genuss einer Superdividende so bezaubert, dass sie dem Vertreter ihrer Interessen nur unwillig Gehör schenken. Am ungeduldigsten benehmen sich bei dieser Gelegenheit einige Aktionäre von … WEITERLESEN.

In der Hitze des Augenblicks: Alexander Haydter, Böcklinstraße 90
(ca. 1906–1909)

Gustav Mahler am Schreibtisch
Nachdenklich am Schreibtisch: Gustav Mahler im März 1907.

Hin und wieder stößt man, Musikfreunde wissen es, auf eine Fotografie, die Gustav Mahler an einem Schreibtisch zeigt. Details dazu werden nicht angegeben – der Ort der Aufnahme bleibt also im Dunklen. Auch in Richard Spechts 1913 verfassten Erinnerungen an den Komponisten wurde dieses Bild ohne nähere Erläuterung abgedruckt.

Tatsächlich aber entstand das Foto im Frühjahr 1907 – konkret: in der Karwoche von 25. bis 30. März -, als Mahler einige Konzerte in Rom dirigierte: Der Schreibtisch befand sich im Sekretariat der Accademia di Santa Cecilia (siehe Wiener Bilder, 3. April 1907). Das an der Wand hinter Mahler angebrachte Porträt zeigt daher vielleicht auch jene Heilige, die der berühmten Institution ihren Namen gab: Cäcilia von Rom, die Patronin der Kirchenmusik.

»I shall never be
different. Love me.«

schrieb W. H. Auden in seinem wunderbaren Poem Anthem for St. Cecilia’s Day, das von Benjamin Britten ebenso eindrücklich vertont wurde. 1957 wird sich Auden, der weltberühmte britische Lyriker (und Librettist), bekanntlich in der kleinen niederösterreichischen Gemeinde Kirchstetten ansiedeln, unter anderem, um unkompliziert Aufführungen der Wiener Staatsoper besuchen zu können. »I shall never be different. Love me.« – Es sind Sätze, die … WEITERLESEN.